Menschen erinnern sich

Oft erinnern sich Menschen gern an Begebenheiten, die zurückliegen – auch an welche, von denen ihnen einmal erst erzählt wurde und die inzwischen zur eigenen Geschichte geworden sind.  Alleine die paar Jahrhunderte seit der Reformation sind voller solcher Aufbrüche und Einschnitte.

Aus einem „Gedenkkalender“*,  der Menschen in Nordwesteuropa sowie im Südlichen Afrika, in Südostasien sowie in Nordamerika und anderen Erdteilten verbindet, heben wir im Folgenden einige Begebenheiten hervor, an die erinnert wird, wenn Menschen heute sich fragen: „Die Reformierten. Wer sind sie?  Woher, weshalb und – vor allem – wie sind sie geworden?“ – Begebenheiten damals [z.B. 19.1.1563] bis in jüngste Gegenwart [z.B. 7.12.1960] – hier wie dort:

Januar

19.1.1563 – Heidelberger Katechismus

Im Auftrag Friedrichs III., des Kurfürsten der Pfalz, der die religiösen Verhältnisse in seinem Territorium befrieden und ordnen will, ist der Katechismus 1562 von den reformierten Heidelberger Professoren Zacharias Ursinus (Text) und Caspar Olevian (Redaktion) verfasst worden. Nun wird er zusammen mit der Kirchenordnung in Kraft gesetzt. Er wird weltweit von reformierten Kirchen rezipiert werden.

Februar

11.2.1676 – Befreiung der Galeerensklaven

Das abscheulichste Vorkommnis der katholischen Gegenreformation in Ungarn (1608-1715) war 1674 der inquisitorische Preßburger Schauprozess, zu dem ein Gericht aus zwei Erzbischöfen und vier Bischöfen über 700 Angeklagte vorgeladen hatte, fast alle protestantischen Pfarrer und Lehrer des Königreichs. Wer nicht abgewichen oder gestorben war, war 1675 aus der Festungshaft geholt, zu Fuß nach Neapel getrieben und als Galeerensklave verkauft worden. Das zivilisierte Europa war entsetzt. Der holländische Gesandte in Wien, Hamel Bruyninx, hat endlich die Auslösung erreicht. Heute werden die 26 noch lebenden Theologen, darunter 19 reformierte, auf das Schiff des holländischen Admirals Michael de Ruyter überstellt.

17.2.1848 – Emanzipationsedikt der Waldenser

               König Carlo Alberto von Piemont unterzeichnet das Edikt zur Wiedererlangung der zivilen und politischen Reche. Die Synode der Waldenser vom 1.-4. April 1848 wird dieses Datum für das jährliche Fest der Befreiung festlegen.

März

1.3.1988 – Schuldbekenntnis der Evangelischen Kirchen Österreichs

Zusammen mit der Evangelischen Kirche Augsburgischen Bekenntnisses (A.B.) verabschiedet die Evangelische Kirche Helvetischen Bekenntnisses (H.B.) einen kurzen Text, der fünfzig Jahre nach dem „Anschluss“ Österreichs an Hitlerdeutschland und der „Reichskristallnacht“ bekennt: „Sie hat geschwiegen, wo sie hätte reden sollen, sie hat oft geredet, wo sie besser geschwiegen hätte.“

5.3.1945 – Zsigmond Varga

Der 1919 in Debrecen geborene und 1942 glänzend promovierte Altorientalist, der mit einem ungarischen Staatsstipendium 1943 bei Karl Barth und Emil Brunner Theologie studiert und 1944 bei Martin Dibelius sein theologisches Dissertationsthema besprochen hatte, wurde aufgrund einer Predigt am 19. Oktober 1944 von der Gestapo verhaftet. Heute stirbt er in Gusen, einem Nebenlager des KZs Mauthausen.

9.3.1522 – Zürcher Wurstessen

Im Haus des Buchdruckers Christoffel Froschauer trifft sich am Abend des ersten Fastensonntags ein Dutzend Männer, darunter Zwingli und Leo Jud, der spätere Pfarrer an St. Peter. Sie schneiden zwei geräucherte Würste in kleine Stücke und verteilen sie untereinander. Die abendmahlähnliche Feier ist als bewusster Bruch der Fastenordnung gedacht und wird eine gerichtliche Untersuchung nach sich ziehen. So läutet sie die öffentliche Diskussion der kirchlichen Lebensordnung ein.

April

12.4.1882 – Evangelisch-reformierte Kirche Nordwestdeutschland

Kaiser Wilhelm I. sanktioniert mit „allerhöchstem Erlass“ die „Kirchengemeinde- und Synodalordnung für die evangelisch-reformierte Kirche der Provinz Hannover“. Der Erlass ist die Gründungsurkunde der größten reformierten Kirche auf deutschem Boden.

28.4.1523 – Faktischer Fall des Zölibats

Nachdem der für Zürich zuständige Bischof von Konstanz zwei Bittschriften vom Juli 1522 um Befreiung vom Gelübde der Ehelosigkeit negativ beschieden hat, lässt sich heute Wilhelm Röubli, Pfarrer von Witikon bei Zürich (heute ein Stadtteil), von seinem Schwerzenbacher Kollegen trauen. Adelheid Leemann von Hirschlanden, ab heute seine Ehefrau, ist damit die erste reformierte Pfarrfrau.

Mai

20.5.1933 – Düsseldorfer Thesen

               In gemeinsamer Arbeit von Professoren, Pastoren, Ältesten und Diakonen (darunter die Reformierten Karl Barth und Otto Weber) entsteht die „Theologische Erklärung zur Gestalt der Kirche“, eine erste Rückbesinnung auf die reformierten Grundlagen angesichts des vorherrschenden Nationalsozialismus.

31.5.1934 – Barmer Erklärung

Die Bekenntnissynode der Deutschen Evangelischen Kirche (Reformierte, Unierte und Lutheraner) verabschiedet in Barmen-Gemarke bei Wuppertal die hauptsächlich von Karl Barth vorbereitete „Theologische Erklärung zur gegenwärtigen Lage der deutschen evangelischen Kirche“ in klarer Abgrenzung vom Nationalsozialismus und den mit ihm verbundenen „Deutschen Christen“.

Juni

1.6.1540 Ermächtigungsgesetz

In Fontainebleau erlässt König Francois I ein Edikt, das königliche Beamte ermächtigt, Todesurteile über antirömische „Ketzer“ auszusprechen.

10.6.1672 – Gründung der Französischen Gemeinde in Berlin

Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg stiftet in der Stadt Berlin eine Französische Kirche. Einen Monat später wird er den Franzosen einen provisorischen Versammlungsraum in der zweiten Etage der Stallungen zuweisen.

18.6.1826 – Rheinisch-Westfälische Gefängnisgesellschaft

Theodor Fliedner (1800-1864), seit 1822 reformierter Pfarrer von Kaiserswerth am Niederrhein, ist, weil seiner 200-Seelengemeinde das Geld fehlt, 14 Monate auf Fundraising-Tour gewesen. In England hat er bei der Quäkerin Elizabeth Fry (1780-1845) deren Gefängnisarbeit kennengelernt. Heute gründet er die erste deutsche Gesellschaft mit den Zielen, dass Gefangen nach Straftypen untergebracht werden, geregelte Arbeit erhalten, Seelsorge und Unterricht genießen und nach ihrer Entlassung Betreuung finden.

19.6.1525 – Prophezey

Zwinglis Idee einer gemeinschaftlich erarbeiteten Bibelübersetzung wird Realität. Die „Prophezey“ (1. Kor 14) beim Zürcher Großmünster nimmt ihrer Arbeit auf. Aus ihr werden die Zürcherbibel (1531) und die theologische Fakultät (1831) hervorgehen.

20.6.1524 Bildersturm

Der Rat der Stadt Zürich hat (erstmal als eine offizielle Behörde während der Reformationszeit und so mit erheblicher Vorbildwirkung) den kirchrechtlichen Schutz der Sakralkunst außer Kraft gesetzt und deren ordentliche und systematische Zerstörung verfügt. Ab heute und bis zum 2.7. sind alle Stadtkirchen geschlossen, damit Bauhandwerker unter Aufsicht dreier Leutpriester und einiger Zunftvertreter die Demontage ungestört durchführen können.

Juli

3.7.1530 – Zwinglis „Fidei ratio“

In wenigen Tagen hat Zwingli seine „Rechenschaft des Glaubens“ verfasst. Sie richtet sich an den Kaiser und den katholischen Lehrapparat. In deutlicher Abgrenzung von Katholiken und Lutheranern, aber auf der Basis des allen gemeinsamen „Apostolischen Glaubensbekenntnisses“, erscheint die erste reformierte Dogmatik.

4.7.1776 – Amerikanische Unabhängigkeitserklärung

In der heutigen „Independence Hall“ in Philadelphia PA. nimmt der Kontinentalkongress die von einem Kreis um Thomas Jefferson verfasste Unabhängigkeitserklärung an. Jefferson hat hugenottische Wurzeln, und im Kontinentalkongress sitzen elf Presbyterianer, unter ihnen Reverend John Witherspoon (1723-1794) vom Princeton Theological Seminary.

6.7.1415 – Jan Hus

Auf dem Konzil von Konstanz wird der (um 1369 geborene) tschechische Frühreformator entgegen der Zusicherung freien Geleits öffentlich auf dem Scheiterhaufen verbrannt.

6.7.1983 – Bekenntnis im Widerstand gegen die Apartheid

Im Auftrag der „Alliance of Black Reformed Christians in South Africa“ (ABRECSA), einem 1981 gegründete Bund von auch `nicht-weißen´ Kirchen, erarbeitet eine Gruppe von gut zwanzig Personen bei Vereeniging ein liturgisches Bekenntnis für den Gottesdienst und den Entwurf eines Glaubensbekenntnisses für die Diskussion. Diese Bekenntnistexte entstehen unter Infragestellung und in Protest gegen Lehre und Praxis der Apartheid [1948-1994], die als unchristlich verworfen wird.

11.7.1700 – Akademie der Wissenschaften zu Berlin

Der reformierte Kurfürst Friedrich III. von Brandenburg stiftet sie „zu beforderung der Ehre Gottes, ausbreitung dessen wahrheit und cultivirung allerhand tugenden und dem Gemeinen Wesen nützlichen übungen“. Aus ihrer Vereinigung mit der „Nouvelle Société Littéraire“ wird 1744 die „Königliche Akademie der Wissenschaften“ hervorgehen. Deren Verhandlungs- und Veröffentlichungssprache ist Französisch. In den ersten Jahrzehnten werden die Hugenotten etwa ein Drittel der Mitglieder stellen.

21.7.1875 – Gründung des Reformierten Weltbundes

64 Delegierte aus 21 Kirchen nehmen in London eine Verfassung an, deren Artikel II besagt: „In die Allianz kann jede nach presbyterianischen Grundsätzen organisierte Kirche aufgenommen werden, die in Dingen des Glaubens und der Sittlichkeit an der Heiligen Schrift Alten und Neuen Testaments als oberster Autorität festhält und deren Glaubensbekenntnis mit dem gemeinsamen Zeugnis der reformierten Bekenntnisse übereinstimmt.“

24.7.1864 – Raiffeisens Darlehenskasse

Friedrich Wilhelm Raiffeisen aus Hamm an der Sieg hat sich seit Antritt seines Bürgermeisteramts in Weyerbusch (1845) und Flammersfeld (1848), dann in Heddesdorf (1852) besonders um Armutsbekämpfung, Schulbildung und Infrastruktur gekümmert. Heute werden die Statuten des „Heddesdorfer Darlehnskassen-Vereins“ festgelegt, der zum Urtyp der späteren Raiffeisen-Kassen wird.

26.7.1581 – Reformierte Niederlande

Die in Den Haag versammelten reformierten Generalstände unterzeichnen die Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Niederländischen Provinzen (der Holländischen Generalstaaten) und sagen sich damit vom Spanien der gegenreformatorischen „Reyes Católicos“ los.

August

1.8.1559 – Calvins „Institutio“

Calvin setzt heute mit dem Vorwort den Schlusspunkt unter seine „Institutio Religionis Christianae“, an der er seit der Erstausgabe von 1536 unermüdlich gearbeitet hat. Sie wird die größte Dogmatik der Reformation bleiben und zur nachhaltigsten Dogmatik des Protestantismus werden. Ihr erster Satz ist Urgestein: „All unsere Weisheit, sofern sie wirklich den Namen Weisheit verdient und wahr und zuverlässig ist, umfasst im Grunde eigentlich zweierlei: Die Erkenntnis Gottes und unsere Selbsterkenntnis.“

7.8.1560 – Confessio Scotica

Dem seit dem 1.8. in Edinburgh tagenden schottischen Parament hatte ein Kreis um den schottischen Reformator John Knox (1505-1572) eine Petition zur Abschaffung römischer Irrlehren vorgelegt. Der Kreis erhielt den Auftrag, in vier Tagen eine Zusammenfassung der reformierten Lehre zur Abstimmung zu präsentieren. Nun wird sie mit großer Mehrheit angenommen. Direkt anschließend werden die römisch Messe sowie die päpstliche Jurisdiktion auf schottischem Boden verboten.

11.8.1817 – Unionsbeschluss in Hessen-Nassau

Der Landesherr des erst seit 1816 (aus 39 Territorien) bestehenden Herzogtums Nassau mit der Hauptstadt Wiesbaden hat Reformierte und Lutheraner für den 5.8. zur Generalsynode nach Idstein im Taunus befohlen, um aus Gründen der Staatsraison Verwaltung, Kultus und Schule zu vereinheitlichen. Heute verfügt er das erste Unionsdekret. Ihm werden ähnlich ein Preußen (1817), Hanau und Fulda (1818), in der Pfalz (1818), Waldeck und Pyrmont (1820), Anhalt (1820), Baden (1821) und Rheinhessen (1822) folgen. Effektiv wird sich die lutherische Confessio Augustana (1530) als dominant erweisen und reformierte Eigenheiten allmählich nivellieren.

17.8.1576 – Ungarisch-reformierte Kirchenordnung

An ihrem zweiten Sitzungstag beschließt die Synode in Hercegszölös die erste Kirchenordnung für den Donaudistrikt der Reformierten. Sie wird wenig später von Dávid Huszár, Sohn des westungarischen Reformators Gallus Huszár, reformierter Pfarrer in Pápa und Chef einer Druckerei, herausgegen. 1577 folgt die ungarische Übersetzung des Heidelberger Katechismus.

22.8.1864 – Genfer Konvention

In Genf unterzeichnen Vertreter von 16 Staaten auf Einladung des Schweizer Bundesrates die Gründungskonvention des „Roten Kreuzes“, ein Papier, das zuvor von Ärzten und Juristen auf Anregung von Henri Dunant (1828-1910) ausgearbeitet wurde. Dunant stammt aus einer frommen und sozial engagierten Genfer Familie und hatte währen seiner Wanderjahre als angehender Bankangestellter am 24.6.1859 die Schlacht von Solferino miterlebt. Sein Erlebnisbericht „Un souvenir de Solférino“ (1862) enthielt bereits alle Vorschläge und war in Kürze in elf Sprachen verbreitet.

24.8.1560 – Reformation in Schottland

Das schottisch-reformierte Bekenntnis ist am 7. niedergeschrieben und am 17. öffentlich verlesen worden. Heute beschließt das Parlament in Edinburgh die Aufhebung der päpstlichen Jurisdiktion, das Ende der katholischen Privilegien und das Verbot der römischen Messe. Die Reformation ist durchgeführt.

24.8.1572 – Bartholomäusnacht

Anlässlich einer Königshochzeit wird der in Paris versammelte reformierte Adel in der Nacht vom 23. zum 24. nahezu ausgelöscht. Das von langer Hand geplante Pogrom gegen die Hugenotten kostet allein in Paris über zehntausend, auf dem Land weitere dreißigtausend Menschenleben. Der 24. Ist im Heiligenkalender der Tag des Martyriums des Apostels Bartholomäus: Ihm wurde die Haut abzogen.

27.8.1535 – Übertritt Genfs zur Reformation

Das erfolgreiche Wirken des 1489 im französischen Gap (Dauphiné) geborenen Guillaume Farel in Aigle (1526), Murten (1527) und Neuchâtel (1530) findet in Genf nach zwei Disputationen (1533 und 1535) seinen Höhepunkt mit der förmlichen Einführung der Reformation.

September

6.9.1620 – Ausfahrt der Mayflower

An Bord der „Mayflower“ verlassen 102 Passagiere, davon 35 puritanische „Pilgrims“ der Exilgemeinde von Leiden, den Hafen von Portsmouth für ihre zweimonatige Überfahrt von At- nach Neuengland.

21.9.1877 – Blaues Kreuz

Der Genfer Louis-Lucien Rochat (1849-1917) hat als Kandidat der Theologie in England studiert und dort die Abstinenzbewegung kennengelernt. In Genf berichtet er nach einem Kongress von seinen Eindrücken, was umgehend zur Gründung des „Schweizerischen Temperenzvereins“ führt, aus dem bald der internationale Bund des Blauen Kreuzes hervorgehen wird. Rochat wird sein Pfarramt aufgeben und bis 1900 erster Präsident des Blauen Kreuzes sein.

Oktober

4.10.1529 – Marburger Religionsgespräch

Seit dem 1. Oktober diskutieren auf Einladung Philipps, Landgraf von Hessen, der aus politischen Gründen einen Zusammenschluss aller Evangelischen sucht, die eher humanistisch orientierten Reformierten Zwingli (Zürich), Oekolampad (Basel) und Bucer (Straßburg) mit den eher scholastisch orientierten Lutheranern Luther, Melanchthon (Wittenberg), Brenz (Schwäbisch-Hall) und Osiander (Nürnberg) über das Abendmahl. Man einigt sich in 14 von 15 „Marburger Artikeln“ und trennt sich beim 15. Mit der bleibenden Differenz über die Präsenz Christi im Abendmahl.

14.10.1517 – Synode von Emden

Die Synodalbeschlüsse der seit dem 4.10. während Synode der niederländischen und friesischen Reformierten bilden die Grundlage der presbyterial-synodalen Ordnungen der reformierten Kirchen und werden von hier aus rezipiert werden.

17.10.1685 – L ’Edit de Fontainebleau

Louis XIV unterschreibt auf Schloss Fontainebleau südlich von Paris das Papier, mit dem das Toleranzedikt von Nantes vom 13.4.1598 aufgehoben wird und der (staatlich verbotene) „Refuge“ der Hugenotten in nahezu alle Teile der Welt beginnt.

19.10.1945 – Stuttgarter Schulderklärung

In Stuttgart ist der Rat der „Evangelischen Kirche in Deutschland“ [EKD] zur zweiten Tagung versammelt, drunter auch die Unierten und Reformierten. Überraschend erhält er Besuch von einer Delegation des „Ökumenischen Rates der Kirchen“ [ÖRK], angeführt vom reformierten Theologen Visser’t Hooft. Die EKD beschließt das Aufnahmegesuch in den ÖRK und nimmt einstimmig das spontan entstandene Schuldbekenntnis an, „nicht mutiger bekannt, nicht treuer gebetet, nicht fröhlicher geglaubt und nicht brennender geliebt“ zu haben.

22.10.1746 – The Princeton Theological College

Die zuerst „College of New Jersey“ genannte Hochschule wird von den „New-Side-Presbyterians“ im Gefolge des „Awakening“ (Erweckung) gegründet, als Ausbildungsstätte der Pfarrschaft, aber auch von Laien für öffentliche Ämter. John Witherspoon (1723-1794), der am 4.7.1776 als einziger Theologe die amerikanische Unabhängigkeitserklärung mitunterzeichnen wird, ist ihr sechster Rektor.

28.10.1636 – The Harvard College

Durch Beschluss des „Great and General Court of the Massachusetts Bay Colony“ (Parlament) und aufgrund der Stiftung von 780 Pfund und 400 Büchern des Pfarrers John Harvard (1607-1638)  wird bei Boston die erste höhere Schule Amerikas gegründet. Ein Lehrer und neun Schüler beginnen mit einem puritanisch geprägten, aber nicht allein religiös orientierten Curriculum.

28.10.1685 – Französisch-reformierte Gemeinde von Kassel

Nur elf Tage nach der Aufhebung der Toleranz in Fontainebleau gründen die ins Refuge von Hessen-Cassel einströmenden Glaubensflüchtlinge im Haus des hugenottischen Händlers Grandidier die erste Hugenottengemeinde.

28.10.1868 – Fall des Apostolicums in der Zürcher Kirche

Die liturgische Verlesung der Zehn Gebote und des Glaubensbekenntnisses ist in Zürich bereits 1769 aufgegeben worden. In der Zürcher Variante des „Apostolicumstreits“ entschiedet sich nun die Synode, um eine Spaltung der Kirche in „Positive“ und „Liberale“ zu verhindern, für eine Liturgie, die den gottesdienstlichen Gebrauch des Apostolicums für fakultativ erklärt. Damit beginnt die „Bekenntnisfreiheit“ der Zürcher Reformierten, die faktisch zur Bekenntnislosigkeit führen wird.

November

17.11.1963 – Die zwölf Apostelinnen

Das Zürcher Kirchengesetz vom 7.7.1963 legalisiert erstmals die Wahl von Frauen ins Pfarramt, aber nur in Gemeinden mit mehr als einer Pfarrstelle. Robert Kurtz, Präsident des Zürcher Kirchenrates, ordiniert nun im Zürcher Großmünster erstmals zwölf Theologinnen zu Verbi Divini Ministrae, davon elf bereits als „Pfarrhelferinnen“ tätige Frauen und eine, die gerade ihre Ausbildung abgeschlossen hat. Man nennt sie die „Zwölf Apostelinnen“.

18.11.1382 – John Wyclif

Der Theologe von Oxford (1320-1384) hat scharfe Kirchenkritik geübt, ist vom Bischof von London zitiert und vom Papst in fünf Bullen verurteilt worden (1377). Jetzt verhört ihn die Synode in Oxford, wagt aber aus Furcht vor Adel, Volk und Unterhaus keine Verurteilung und Exkommunikation. Das wird erst das Konzil von Konstanz tun, indem es seine Gebeine exhumieren und verbrennen, die Asche in den Fluss werfen lässt (1427).

20.11.1541 – Genfer Einführung des Psalmengesang

Der Rat der Stadt Genf nimmt eine kirchliche Verordnung an, wonach der Staat einen Gesangslehrer anzustellen habe, zur Ausbildung eines Schülerchors, der den einstimmigen Psalmengesang in Schule und Gottesdienst trägt. Daraus werden 1559 das „Collège de Calvin“ und 1562 die „Pseumes de Genève“ hervorgehen.

28.11.1999 – Reformierte Liturgie

Heute, am 1. Advent, wird offiziell die „Reformierte Liturgie“ eingeführt. Es handelt sich um ein umfangreiches Textbuch für liturgisch Verantwortliche, das erstmals eine (wenn auch noch gestufte) Verbindlichkeit für alle Reformierten Kirchen Deutschlands besitzt. Das Buch ist Ergebnis eines mehrjährigen Prozesses, an dem viele Gremien, Gruppen und Individuen beteiligt waren.

Dezember

6.12.1865 – Ende des Sklavenhandels

Zwei Best- und Longseller von zwei Presbyterianern haben es publizistisch vorbereitet: „American Slavery As It IS“ von Theodore Weld (1839) und „Uncle Tom’s Cabin“ von Harriet Beecher Stowe (1852). Präsident Abraham Lincoln hat am 16.4.1862 mit der Unterzeichnung des „District of Columbia Emancipation Act“ den Prozess eingeleitet. Am 19.6.1865 ist faktisch der letzte Sklave freigelassen worden. Nun ratifiziert der amerikanische Kongress mit Mehrheit das „Amendment XIII“, den Zusatz zur amerikanischen Verfassung, der die Sklaverei verbietet.

7.12.1960 – Erklärung von Cottesloe

               Delegierte aus jenen Kirchen in Südafrika, die Mitglieder des World Council of Churches [WCC] (Ökumenischen Rates der Kirchen [ÖRK]) sind, verabschieden eine Erklärung, die Erklärung von Cottesloe, zum Abschluss einer Konsultation im Stadtteil Cottesloe von Johannesburg, der Konsultation von Cottesloe vom 4.-7.12.1960, die in Reaktion darauf einberufen wurde, dass eine friedliche Demonstration gegen gewisse Praktiken der Apartheid mit Polizeigewalt blutig niedergeschlagen und für viele mit dem Tod beendet worden war – das Massaker von Sharpeville [21.3.1960]. Die Delegierten nehmen kritisch Stellung. Die Erklärung von Cottesloe löst kontroverse Reaktionen aus und leitet eine neue Phase der Infragestellung der Apartheid durch Kirchen ein. [siehe u.a. >> The Christian Institute of Southern Africa – ]

9.12.1527 – Orgelsturm

„Thu mir das gmürmel diner gsangen hinweg und das gsang diner lyren will ich nit.“ Diesen Worten Zwinglis von 1523, welche die Kultkritik der Prophetie aufnehmen (Amos 5,23), fielen 1524 die Bilder das Orgelspiel und die Gregorianik zum Opfer. Heute wird in allen Kirchen der Stadt die Orgel abgebrochen. Erst 1808, nach fast 300 Jahren, wird in der Stadtkirche Winterthur wieder eine Orgel zur Begleitung des Gemeindegesangs aufgebaut werden. Noch 1892 werden nur 467 von 159 Zürcher Kirchengemeinden eine Orgel besitzen.

12.12.1967 – Barths „Kirchliche Dogmatik“

Nachdem der Schweizer Theologe Karl Barth (1886-1968) am 7. Juni die letzten Ergänzungen diktiert hat, erscheint heute der dreizehnte und letzte Band seiner zwar unvollendet gebliebenen, aber dennoch größten je geschriebenen Dogmatik, nicht nur der reformierten Theologie, sondern der gesamten Kirchengeschichte. Gleichentags erhält er zehn Freiexemplare seines Lebenswerks (1932-1967).

16.12.1838 – Die Schlacht am „Blood River“

               Einheiten der Familienverbände vorwiegend holländischer Abstammung und deren Gefolge, der Voortrekkers, die seit 1834 aus der unter britischer Herrschaft stehenden Kapkolonie nordwärts ins Landesinnere Südafrikas ziehen, liefern sich am 16.12.1838 mit Streitkräften des Königreiches des Zululandes eine Schlacht, die später `die Schlacht am „Blood River“ ´genannt und in der Apartheidzeit [1948-1994] von ihren Nachkommen staatlich und kirchlich öffentlich gefeiert und zu einem der Gründungsmythen des Volkes der `Buren´ hochstilisiert wird.  „Die Gelofte“, das Gelübde, in dem die Voortrekkers vor der Schlacht Gott im Gebet um den Sieg gebeten und ihm dafür ewige Treue gelobt haben sollen, solle hinfort zur Begründung und zur Rechtfertigung der Landnahme [des Einzugs des von Gott auserwählten Volkes ins gelobte Land], der Ausgrenzung und Unterjochung der Schwarzen (Apartheid) dienen.  [Siehe u.a. >> FROM NCOME OVER „BLOEDRIVIER“ TO NCOME AND BEYOND]

18.12.1688 – Glorious Revolution

Wilhelm III. von Oranien zieht kampflos und pompös in London ein. Das englische Parlament hat den reformierten Niederländer (König 1689-1702) gegen James II., den eigenen katholischen Stuart (König 1685-1688), der inzwischen ohen jeden Rückhalt ist, ins Land gerufen.

18.12.1918 – Evangelische Kirche der Böhmischen Brüder

Obwohl sie seit 1575 die gemeinsame „Confessio Bohemica“ haben, vereinigen sich Reformierte (etwa 126 000) und Lutheraner (etwa 34 000) erst mit Bestehen des neuen tschechoslowakischen Staates zur „Evangelischen Kirche“, die sie mit Blick auf die tschechische Reformation die Kirche „der Böhmischen Brüder“ nennen. Ihr Emblem zeigt den Kelch der Hussiten auf der Bibel der Brüder.

Biblia Zuluensis

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*Matthias Krieg, Gedenkkalender, in: Matthias Krieg | Gabrielle Zangger-Derron (Hgg.): Die Reformierten. Suchbilder einer Identität. Ein Projekt von „Bildung und Gesellschaft“, im Auftrage der evangelisch-reformierten Landeskirche des Kanton Zürich in Zusammenarbeit mit Paul Leuzinger, Hans Jürgen Luibl, Friederike Osthof, Benjamin Stückelberger und Christian Zangger, Zürich: Theologischer Verlag 2002, ISBN 3-290-17236-8, 475 Seiten [Seite 454-465; Ergänzung: 7.12.1960 und 16.12.1838, Ben Khumalo-Seegelken].

 

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