Gerade mit Blick auf die enthemmten Finanzmärkte unserer Tage erlebt Karl Marx ein Revival. Man kann dies als Beweis für die zeitlose Qualität seiner Kapitalismus-Kritik sehen. Gleichzeitig zeigt dies aber auch, dass die Gegenwart noch keine eigenen Lösungen für ihre Probleme gefunden hat.
Die große Aufmerksamkeit, die Karl Marx derzeit zuteilwird, kann man sicher auf die schillernde persönliche wie intellektuelle Strahlkraft dieses revolutionären Philosophen zurückführen. Doch nur zum Teil. Denn bei genauerem Hinsehen zeugen die vielen Versuche, Marx’ Leben und Denken für die heutige Zeit aufzubereiten, von einer Sehnsucht nach wirkungsvoller Gesellschaftskritik, eingängigen Erklärungen und letztgültigen Antworten auf die Krisen der globalkapitalistischen Gegenwart. Das Interesse an Marx schwankt folglich zwischen Historisierungs- und Aktualisierungsversuchen. Der letztere Impuls scheint derzeit hartnäckig die Oberhand zu behalten und erschwert damit ein klares, historisches Urteil über den Mann, sein Wirken und seine Nachwirkung.
Dabei war Marx natürlich nie weg. Nach dem Ende des Kalten Kriegs dauerte die Zeit der Abgesänge auf den Marxismus und seinen Namensgeber kaum zehn Jahre. Schon um die Jahrtausendwende setzte ein überraschend tiefschürfender Versuch der Auseinandersetzung mit Marx ein – eine Art Wiederaneignung nicht nur auf akademischer und philosophischer Ebene, sondern auch in den Feuilletons, auf Theaterbühnen und in der Popkultur. Als sich das ZDF und die „Bild“-Zeitung 2003 in einer Mischung aus Kulturnationalismus und Klamauk auf die Suche nach „Unseren Besten“ machten, landete Marx hinter Adenauer und Luther auf dem dritten Platz… [vollständiger Artikel >>DAMALS 04/2018 ].
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