Sebastian Justke: »Brückenbauen« gegen Apartheid?

Sebastian Justke:
»Brückenbauen« gegen Apartheid?
Auslandspfarrer in Südafrika und Namibia

Reihe: Hamburger Beiträge zur Sozial- und Zeitgeschichte; Bd. 59
2020

496 S., 17 Abb., geb., Schutzumschlag, 14 x 22,2
ISBN 978-3-8353-3640-7

Wahrnehmungen, Erfahrungen und Reaktionen westdeutscher evangelischer Pfarrer auf die Apartheid im südlichen Afrika.

Die evangelischen Kirchen in der Bundesrepublik waren direkt am Apartheidkonflikt in Südafrika und Namibia beteiligt. Diese Mitwirkung zeigte sich in der personellen und finanziellen Unterstützung deutschsprachiger Auslandsgemeinden durch die Evangelische Kirche in Deutschland.

Eine Schlüsselrolle in diesem transnationalen Beziehungsgeflecht spielten westdeutsche Geistliche, die über das Kirchliche Außenamt als »Auslandspfarrer« in die Auslandsgemeinden entsandt wurden. Angesichts der seit den späten 1960er Jahren wachsenden internationalen Proteste gegen die Apartheid geriet diese Form der Unterstützung in die Kritik. Der Umgang mit der Apartheid wurde so zu einem Grundkonflikt des Auslandsdienstes westdeutscher Pfarrer in Südafrika und Namibia.

Gestritten wurde um die Einheit der Kirche über »Rassen«-Grenzen hinweg, über Begegnungen zwischen »Schwarz« und »Weiß« und um das rechte Kirchen- und Glaubensverständnis.

Sebastian Justke legt offen, wie der Konflikt Fragen nach der eigenen Lebensweise und Zugehörigkeit in der  “letzten offen rassistischen Gesellschaft des 20. Jahrhunderts (Justke) berührte.

*Sebastian Justke, geb. 1983, Historiker und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg.

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Kommentare zu »Sebastian Justke: »Brückenbauen« gegen Apartheid?«

  1. Sebastian Justke legt offen, wie der Konflikt Fragen nach der eigenen Lebensweise und Zugehörigkeit in der “letzten offen rassistischen Gesellschaft des 20. Jahrhunderts” berührte.

    Dieser Satz stimmt so nicht. Nicht Südafrika ist “die letzte offen … Gesellschaft” sondern der Staat Israel seit der Verabschiedung des “Nationalstaatsgesetzes”! von 2018, welches der jüdischen Bevölkerung Privelegien gegenüber anderen Bevölkerungsgruppe zugesteht.

  2. Die Typisierung „offen rassistisches Regime“ („overtly racist regime“) stammt vom Historiker und Rassismusforscher George M. Fredrickson. Der „Idealtyp“ eines solchen Regimes wird nach Fredrickson durch fünf Merkmale bestimmt. Erstens durch eine „offizielle Ideologie, die unverhüllt rassistisch ist.“ Zweitens durch Gesetze, mit dem Ziel, eine „Rassenvermischung“ zu verhindern. Drittens durch das Ziel, „alle Formen des Kontakts zu verhindern, die Gleichheit zwischen ausschließender und ausgeschlossener Gruppe implizieren.“ Viertens wird den unterdrückten Gruppen der Zugang zu öffentlichen Ämtern verwehrt und ihr Wahlrecht eingeschränkt oder verboten. Fünftens versucht das Regime diesen Gruppen den „Zugang zu finanziellen Mitteln und wirtschaftlichen Chancen“ zu verschließen. (Vgl. George M. Fredrickson, Rassismus. Ein historischer Abriß, Stuttgart 2011, S. 138.) Fredrickson beschreibt spezfische historische Konstellationen und vergleicht sie miteinander. Im 20. Jahrhundert sind dies das „Jim-Crow-System“ in den Südstaaten der USA von den 1870er bis zu den 1960er Jahren, das nationalsozialistische Deutschland von 1933 bis 1945 und der Apartheidstaat in Südafrika von 1948 bis 1990/94.

    Aus wissenschaftlicher Perspektive wird Apartheid demnach als eine historisch spezifische Gesellschaftsordnung verstanden, die in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Südafrika (und Namibia) existent war und die „Weiße“ Minderheitsbevölkerung privilegierte und die übrige Mehrheitsbevölkerung unterdrückte.

    Übertragungen solcher Begrifflichkeiten auf das Israel der Gegenwart sind daher in vielerlei Hinsicht problematisch. Aus der Perspektive eines Schwarzen Südafrikaners ist folgender Einwand sehr eindrücklich:

    „… Bitte stehlt uns also nicht das Wort Apartheid! Für Schwarze SüdafrikanerInnen bedeutete Apartheid mehr als nur systematische Diskriminierung unserer Bevölkerungsgruppe. Es war ein Projekt, das zum Ziel hatte, einer spezifischen ‚Rasse‘ ihre Geschichte, Kultur, Würde und Menschlichkeit zu entreißen. Wer das Wort Apartheid benutzt, um die israelisch-palästinensische Patt-Situation zu beschreiben, führt das Projekt der Entwürdigung Schwarzer SüdafrikanerInnen fort, indem die Einzigartigkeit des Rassismus und des Hasses, mit dem wir damals konfrontiert wurden und den wir mit viel Blut und Tränen überwinden konnten, negiert wird. Sicherlich ist das Gefühl, von einer anderen Gruppe diskriminiert und unterdrückt zu werden, auch für den Israel-Palästina-Konflikt von Bedeutung. Aber es unterscheidet sich doch sehr stark von dem juristisch-institutionell legitimierten Rassismus, der auf dem Konstrukt weißer Überlegenheit basiert, das einst mein Land regierte.“ (Nkululeko Nkosi, https://www.iz3w.org/zeitschrift/ausgaben/359_rechtspopulismus/apartheid)

    Sebastian Justke

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