Antjie Krog: Heimat meines Schädels – ein Zeitdokument

Phinde!

Der literarische Bericht, „Country of My Skull“, den die südafrikanische Schriftstellerin Antjie Krog 1998 über die Anhörungen der “Truth and Reconciliation Commission (TRC)”, der Wahrheits- und Versöhnungskommission, veröffentlichte, über die sie zuvor zwei Jahre lang als Radiojournalistin berichtet hatte, liest sich großenteils zwar wie ein spannender Roman, bleibt jedoch ebenso ein sachliches und nüchternes Zeitdokument.

Die TRC ist jene Anstrengung, die die Menschen in Südafrika und ihre erste demokratisch gewählte Regierung nach dem Zusammenbruch des Apartheidregimes unternahmen, um unter Verzicht auf juristische Verurteilungen die Vergangenheit ihres Landes aufzuarbeiten und Aussöhnung und friedlichem Zusammenleben den Weg zu ebnen.

Antjie Krog schildert in den 21 Kapiteln ihres 300-seitigen Werkes auf einfühlsame Weise in dokumentarischen und erzählerischen Passagen einen in der Geschichte so bisher nicht dagewesenen Versuch der Auseinandersetzung zwischen Opfern und Tätern schwersten Unrechts. Sie schreibt von Schuld, Schande, Zorn und Erschütterung, aber auch von Offenheit, Vergebungsbereitschaft und Aussöhnung. Über weite Passagen hinweg dokumentiert die Autorin die Menschenrechtsverletzungen und sadistischen Grausamkeiten der Täter, die beschämende Freundlichkeit der meisten Überlebenden und den Stress, dem diejenigen ausgesetzt waren, die den Auftrag der TRC umzusetzen hatten.

Einige der Kapitelüberschriften betten – genauso wie der Titel des Gesamtwerkes, „Country of My Skull“, – die Kernaussage der jeweiligen Schilderungen hervorragend in den kulturellen und sprachlichen Kontext afrikanischer Tradition ein: „Nie weinten sie – die Männer meiner Volksgruppe“; „Die Narrative von Verrat muss jedesmal neu erfunden werden“; „Aussöhnung – das geringere Übel“; „Amnestie – in Transit mit den Geistern“; „Die Wahrheit ist eine Frau“; „Der Schäfer und die Landschaften meiner Gebeine“; „Geliebte Heimat von Kummer und Güte“.

Auf die Frage, ob und inwiefern das Wagnis der TRC auch nur annähernd dazu hat beitragen können, die Vergangenheit Südafrikas aufzuarbeiten und Aussöhnung und friedlichem Zusammenleben den Weg zu ebnen, geht Antjie Krog ‘mit dem analytischen Blick einer Journalistin und der Sprachgewalt einer Dichterin’ (Desmond Tutu) ein. Sie erzählt von Begebenheiten, in denen die Beteiligten durch ihre Entschlossenheit und ihren langen Atem über Rückschläge, Unzulänglichkeiten und Unabwägbarkeiten, die sich dauernd bemerkbar machten, auf die Perspektive einer gemeinsamen Zukunft in Frieden hinwiesen. Die TRC habe Menschen in Südafrika die Augen für einen neuen Erlebnishorizont jenseits der Apartheid geöffnet und sei zu einem Model für Aufarbeitung konfliktbelasteter Geschichte geworden, das Menschen in anderen Teilen der Welt zu vergleichbarem Aufbruch wie im Post-Apartheid-Südafrika anspornen könnte.

Für dieses Buch, das auch verfilmt wurde, erhielt Antjie Krog u.a. die Auszeichnung mit dem Preis der Hiroshima Foundation for Peace and Culture 2000. “A Change of Tongue” (2003) und “Begging to Be Black” (2009) sind zwei weitere Werke dieser Autorin.

Neben ihrer schriftstellerischen Tätigkeit übersetzte Krog auch verschiedene Werke in ihre Muttersprache, Afrikaans, darunter Nelson Mandelas Autobiografie »Long Walk to Freedom«.

Ben Khumalo-Seegelken.
07. Juli 2014

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Kommentare zu »Antjie Krog: Heimat meines Schädels – ein Zeitdokument«

  1. […] Antjie Krog has forged a unique positon within South African literature. As a journalist, poet and writer she has penned a consciously self-reflective and critical body of material that, in the words of Anthea Garman, seeks to engage `with the newly-recognised Others of South Africa´. Continuing to praise Krog’s work as not simply a `classic performance of oppositon´, Garman argues it is instead a singularly tight intermingling of personal and political through, a demonstration of how `an individual in a complex, rapidly-altering political situation, negotiates an adaptive subjectivity as the primary means of ethical agency´. This said, in doing so, Krog has arguably irritated many readers. Max du Preez has gone so far as labelling her third book Begging to be Black, a case of `identity suicide´ owing to the increasing sense of guilt and shame she, as a white [Afrikaans-speaking South African], experiences over apartheid. I admit, I share similar frustrations over what occasionally borders on a developing over-indulgence of her own personal liberal sensibilities at the cost of an exploration of the very necessary issues she wishes to tackle. There has, perhaps, been too much ‘I’. […]

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