OFFENER BRIEF: Südafrika – 60 Tote und Hunderte noch untertage ohne Nahrung und medizinische Versorgung
Oldenburg, den 15. Januar 2025
OFFENER BRIEF
An die
R e g i e r u n g der
Republik Südafrika
PRETORIA
über die Botschaft der Republik Südafrika in der
Bundesrepublik Deutschland
BERLIN
Wir rufen Sie dazu auf, dafür zu sorgen, dass die Überlebenden mit Lebensmitteln und Medikamenten versorgt werden und dass ihnen unverzüglich geholfen wird, lebend und unversehrt aus dem Schacht zu gelangen.
Dr. Ben Khumalo-Seegelken, OLDENBURG; Ubbo Khumalo-Seegelken, OLDENBURG; Hans Blum, Pfarrer und Dekan i. R., FRANKFURT/M; Hans-Martin Milk, NEU-ISENBURG; Jörn Diederichs, DRESDEN; … … … …
17. Januar 2025 Kategorie/n: Menschenrechte, Südafrika aktuell 2784 mal angesehen
SÜDAFRIKA: Mindestens 60 Tote aus illegaler Goldmine geborgen
Bei einer Rettungsaktion in Südafrika haben Einsatzkräfte weitere Tote aus einer Mine geborgen. Die illegalen Minenarbeiter waren teils seit Monaten unter Tage eingeschlossen – Hunderte könnten noch immer dort festsitzen.
JOHANNESBURG 15.01.2025: In einer illegalen Goldmine in Südafrika sind bei einem Rettungseinsatz weitere Leichen geborgen worden. Nach Angaben der Polizei wurden seit Beginn der Bergungsarbeiten am Montag mindestens 60 Tote gefunden. 92 Menschen konnten bislang lebend aus der Mine befreit werden. Die Polizei befürchtet, dass sich noch Hunderte unter Tage befinden.
Zivilgesellschaftliche Organisationen und Vertreter der Bergleute schätzen, dass sich mehr als 500 Menschen in der Mine befinden. Viele von ihnen seien ohne ausreichende Nahrung und medizinische Versorgung.
Polizei stoppte Versorgung
Das Bergwerk in Stilfontein, südwestlich von Johannesburg, steht seit November im Zentrum von Konflikten zwischen Polizei, Bergarbeitern und der örtlichen Bevölkerung.
Die Polizei stoppte die Versorgung der Bergleute mit Lebensmitteln und Wasser, um sie zum Verlassen der Mine zu bewegen. „Wir werden sie ausräuchern. Sie werden herauskommen“, sagte Präsidialamtsministerin Khumbudzo Ntshavheni. Den Behörden zufolge weigern sich die Bergleute, die Mine zu verlassen, aus Angst, verhaftet zu werden.
Menschenrechtsgruppen kritisieren Umgang
Menschenrechtsgruppen werfen den Behörden vor, dass viele der sogenannten Zama Zamas – wie illegale Bergleute in Südafrika genannt werden – nicht aus eigener Kraft aus der Mine herausgelangen könnten. Die Seile und Flaschenzüge, die sie ursprünglich genutzt hatten, seien entfernt worden.
Einziger Ausweg sei ein anderer Schacht in dem 2.500 Meter tiefen Stollenlabyrinth, den zu erreichen aber Tage dauern könne und gefährlich sei. Angehörige der Bergleute berichten, dass einige von ihnen seit Juli unter Tage seien.
Player: audioMenschenrechtsaktivisten fordern Rettung der Zama Zamas in Südafrika
Gerichtsentscheid bringt Wende
Am Freitag hatte das oberste Gericht des Bundesstaats Gauteng die Behörden dazu verpflichtet, sofort mit der Rettung der Zama Zamas zu beginnen und ein Spezialunternehmen damit zu beauftragen. Außerdem müssen die Eingeschlossenen mit Lebensmitteln und Medikamenten versorgt werden. Die nun seit Montag laufenden Rettungsarbeiten werden durch ein großes Polizeiaufgebot abgesichert.
Quelle: tagesschau 15.01.2025 11:32 Uhr
16. Januar 2025 Kategorie/n: Menschenrechte, Politik, Südafrika aktuell 1715 mal angesehen
BRICS-Club – bric-á-brac oder mal wieder viele Fehleinschätzungen?
Die Staatschefs von Brasilien, China, Südafrika, Indien und Russland vertreten den bisherigen Kern der BRICS-Staaten [Foto: Palacio do Planalto, ccby-nd 2.0 | perspektiveausland.com]
Robert Kappel und Thomas Bonschab nehmen den 16. Gipfel der BRICS-Staaten, der im Oktober 2024 in Kasan, Russland, stattfand, unter die Lupe:
China sollte eigentlich nicht zu den BRICS gezählt werden. Das Land ragt in wirtschaftlicher und politischer Hinsicht zu sehr aus dem Rahmen – es ist eben kein Schwellenland, sondern eine innovationsgetriebene Supermacht, die sich mit den USA anlegt. Für diesen Zweck ‚instrumentalisiert‘ China den BRICS-Club.
Die deutsche und internationale Presse ist voller Hohn und abfälliger Bemerkungen zum BRICS-Gipfel in Kasan/Russland. Nichts sei herausgekommen, alles nur blabla, wie ein Journalist schrieb. Rolf Langhammer vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel meinte „Größe ist nicht gleich Macht“. Andere charakterisierten den BRICS-Club als bric-à-brac, Krempel- oder Trödelladen. In mancher Hinsicht kann man ihnen zustimmen. Aber ein blabla-Gebilde ist BRICS jedenfalls nicht. Denn er hat die globale Ökonomie und Weltgesellschaft umgemodelt und alle, die annahmen, China und der Club würden bald wieder von der Bildfläche verschwinden, haben sich getäuscht.
Heterogener Club
BRICS ist ein heterogener Club und ist durch die Erweiterung zu BRICS-plus noch heterogener geworden. Denn nun kommen zu den ursprünglichen Ländern Brasilen, Russland, Indien, China (seit 2006) und Südafrika (seit 2009) die Länder Äthiopien, Ägypten, Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate (VAE) und Iran hinzu. Die Erdogan-Türkei wollte auch teilhaben, aber das war dem indischen Premier Modi dann doch zu viel und er legte ein Veto ein. Erdogan schäumte, kann er doch seine Schaukelpolitik zwischen den Blöcken nicht ungestört weiterführen. Erstmal. Russland hätte die Türkei gerne dabeigehabt. Die Strategie ist offensichtlich: Spaltung der NATO.
Auch in sonstiger Hinsicht ist der BRICS-Club (noch) kein einheitlicher Club, der die wesentlichen Fragen der Zukunft gestalten kann. Das hat viele Gründe. Ein Grund ist: die Länder sind extrem unterschiedlich, Wirtschaft, Einkommensniveau und Bevölkerungszahl (Indien und China über 1,2 Mrd. Südafrika ca. 50 Mio.). China und Indien spielen in einer anderen Liga als Brasilien und Südafrika. Diese schwimmen mit, um sich je nach Interessenslage mal nach West mal nach BRICS zu schaukeln. Und das machen sie so wie viele Länder der nicht-Pakt-gebundenen Staaten. Durch Club-Mitgliedschaft können sie das meiste für sich rausholen, und das ist mehr als ihnen allein gelingen könnte. Das seit Jahren schwächelnde Brasilien kann unter Lula nicht viel anbieten. Außer Rohstoffe, die China für seine Wirtschaftsentwicklung importiert. Südafrika wirft sich China politisch in die Arme und hofft auf höhere chinesische Investitionen und mehr Handel. Der Wettbewerbsdruck durch innovative chinesische Unternehmen, die weltweit wegen hoher economies of scale ihre Produkte günstig anbieten, erleichtert die Industrieentwicklung Brasiliens und Südafrikas nicht gerade. Brasilien wie Südafrika und vor allem Russland geraten immer mehr ins Schlepptau Chinas.
Die Länder des Globalen Nordens (G7) haben prinzipiell mehr anzubieten, wie bspw. relativ offene Märkte, Technologiezugang und Investitionen. Nur geschieht dies in der Realität nicht in hinreichendem Maße zum Nutzen der Länder des Globalen Südens, die an der Dominanz von G7 leiden und ihren Spielraum eingeschränkt sehen, bspw. durch mangelndes inklusives Wachstum oder die Dollar-Dominanz. Das hat einige Länder in die Arme des BRICS-Clubs getrieben, denn sie erhofften sich wirtschaftliche Entwicklung und verringerte Abhängigkeiten im Außenhandel oder bei den Investitionen. Bislang allerdings hat auch das nicht so richtig funktioniert. Aber immerhin hat man mit BRICS ein Forum, das eine Alternative, wenn auch eine unzureichende, zum Westen bietet.
Ein großer Club
Auf dem Papier ist der BRICS-Club und noch mehr der BRICS-Plus-Club stark. Dies zeigen ein paar Daten. Die BRICS-Volkswirtschaften erbringen über 36% des Weltsozialprodukts (2024). 40% der globalen Finanzreserven entfallen auf die BRICS-Länder, und sie haben einen Anteil am Welthandel von 25%. Zwischen 2000 und 2021 stieg der Anteil der BRICS-Länder an den weltweiten ausländischen Direktinvestitionen von 6% auf 25%, davon entfiel der größere Teil auf China. D.h. die BRICS-Länder haben in wirtschaftlicher Hinsicht die globalen Machtverhältnisse verschoben. Allerdings dominiert China den BRICS-Club, so wickelt China bspw. 72% aller BRICS-Exporte ab.
Potentiale reichen nicht aus, um einen Block zu bilden. Dazu braucht es mehr. Das sieht man daran, dass die Wirtschaftsbeziehungen der Clubländer untereinander schwach entwickelt sind. Auch hier wieder bildet China eine Ausnahme, das im bilateralen Handel und bei den Investitionen ein gewichtiger wirtschaftlicher Player in den BRICS-Staaten ist. Ansonsten aber nur geringer Austausch, was u.a. auch an der schwachen Industrialisierung in den meisten BRICS-Ländern liegt.
Immer noch richten sich die BRICS-Staaten wirtschaftlich weitgehend am Westen aus. Zwar hat sich einiges geändert, aber es reicht nicht, um die Abhängigkeiten vom Westen abzuschütteln. Das gilt auch für die BRICS-Währung R5 (Rubel, Rupie, RMB, Real und Rand). Sie hat bislang nur geringe Bedeutung und hängt zudem am Dollar, trotz zahlreicher Initiativen, sich zu entdollarisieren. Nicht zuletzt hat die „Weaponization“ des Dollars einen größeren Durchbruch zu einer BRICS-Währung, die von China dominiert würde, vereitelt.
Auch in anderer Hinsicht, darf man BRICS nicht überschätzen. Es gibt – abgesehen von China und Indien – keinen Aufholprozess in Richtung der Pro-Kopf-Einkommen des Westens. Im Gegenteil, die BRICS-Länder fallen zurück, lediglich China konvergiert zu den G7. Der nur schwache Aufstieg der BRICS-Länder hat zur Folge, dass die BRICS-Gruppe auch keinen nennenswerten Einfluss auf die Länder des Globalen Südens ausüben kann. Zu wenig attraktiv, zu geringe technologische Dynamik, zu wenig Offenheit, zu niedrige Club-Investitionen, zu wenig kultureller Austausch, zu wenig von allem. In allen Belangen kann lediglich China dem Westen Paroli bieten und im Wettbewerb mithalten. In den letzten Jahren hat China sogar viele G7-Länder, was die Wirtschaftskraft betrifft, hinter sich gelassen. Und noch etwas ist von Belang: Die wirtschaftlichen Eliten der BRICS-Länder orientieren sich vor allem an den Vereinigten Staaten, vielleicht an Europa, und auch an China, aber nicht an Russland, Indien, Iran, die VAE oder Äthiopien. Oft sind sie autoritär gesteuert und nur wenig attraktiv für Kooperationen, zumal die Märkte dieser Länder rein größenmäßig nicht mit G7 vergleichbar sind. Wer mag schon nach Russland auswandern oder dort investieren, wenn die russische Elite das Land Richtung USA verlässt.
Ein attraktiver BRICS-Club?
Wie man auch immer die Dinge hin und her wälzt. Der BRICS-Club ist noch nicht anziehend genug, nicht einmal für den Globalen Süden. Das Einzige, wo er punkten kann, ist die Gegnerschaft zum Westen und hier hat er Rückhalt: 1. Der Globale Norden blockiert weiterhin die dringend erforderlichen Reformen in den internationalen Organisationen, der dem Globalen Süden eine angemessene Repräsentation zugestehen würde, bspw. bei den Stimmrechten im IWF oder der Weltbank. 2. Der BRICS-Club hat ein Ohr für autoritäre Regime, die sich gegen den Westen auflehnen, und da der Autoritarismus auf dem Vormarsch ist, stärkt das den BRICS-Club. 3. Der BRICS-Club kann durch sein geo-strategisches Agieren vom Versagen der eigenen Entwicklungen ablenken. Besonders deutlich wird dies im Iran, Südafrika, Brasilien oder Äthiopien. Ob das Ablenken von den Versäumnissen tragfähig ist? 4. Der BRICS-Club kann so Potenzial von Unzufriedenen um sich scharen, auch ohne eine tragfähige Option anzubieten.
Lediglich China und Indien können dem BRICS-Club Profil und Macht verleihen. Sie haben genügend Ausstrahlung, um ein Gegenmodell zu begründen. Aber Indien hat vollkommen andere Vorstellungen als China (bspw. was Handelskooperation und Währungsfragen betrifft). Wenn es dem BRICS-Club gelingen sollte, sich attraktiver aufzustellen, braucht es mehr als ein Anti-West-Modell. Dafür benötigte es Handelsverträge mit dem Globalen Süden oder gleichberechtigte Industriebeziehungen, ein tragfähiges Währungsmodell mit einer harten konvertiblen R5-Währung, die nicht zu stark von China abhängig ist. China und Indien bieten auch aufgrund ihrer großen Märkte attraktive Kooperationsmöglichkeiten, die anderen haben nur auf wenigen Gebieten etwas anzubieten, wie bspw. Saudi-Arabien Öl, VAE Öl, Iran Öl, Brasilien Eisenerz, Südafrika Autos, Platin und Wein, Ägypten Öl und Autos und Äthiopien billige Arbeitskräfte. Einige Länder stecken zudem in der Mitteleinkommensfalle, wie Brasilien und Südafrika.
Durch Schaukelpolitik können die BRICS-Plus-Länder Stärke im globalen Machtgefüge einbringen. Sie können mal auf der einen Seite, dann auf der anderen stehen. Aber alles hängt an China. Die meisten Mitgliedsländer sind absteigende Länder, die lediglich regional Einfluss ausüben. Aber durch ihre Club-Kooperation steuern sie die globale Versorgung mit Rohstoffen, auf die vor allem Europa angewiesen ist. Rohstoffe dienen ihnen als Anker und hält sie zusammen, wodurch sie im global power play Einfluss nehmen. Daher ist es auch fatal, dass bspw. die EU bislang über keine strategische Agenda für die Kooperation mit diesen Ländern verfügt.
Der Westen hat nicht die Missionen erfüllt, die er hätte erfüllen können. Kein nachhaltiges und inklusives Modell der globalen Wirtschaftsentwicklung, stattdessen Dollar-, Finanzmarkt- und Industriedominanz, Beherrschung der globalen Wertschöpfungsketten durch multinationale Konzerne aus den G7. Hier kann nur China mithalten.
Vielfach wurde der BRICS-Club für tot erklärt, aber der Club hat – gesteuert durch die VR China – seine Macht ausgeweitet. Er verkörpert ein Gegenmodell. Alle Bekundungen im Westen, BRICS würde bald zerfallen, erweisen sich als falsch und nicht selten als arrogante Attitüde. BRICS ist andererseits wiederum auch nicht so stark, wie man gerne in BRICS-Kreisen formuliert, bspw. von Russlands Diktator auf dem BRICS-Treffen in Kasan.
BRICS am Scheideweg
Geht der Club voran, auf Reformkurs oder wird er zum Instrument Chinas? Aus wirtschaftlicher Sicht hat BRICS nur Bestand, weil die VR China die Weichen stellt, aber China ist wirtschaftlich weit mehr mit dem Globalen Norden verbunden als mit dem Globalen Süden. China realisiert, dass BRICS im gegenwärtigen Zustand noch nicht mehr als ein bric-à-brac ist. Zu groß sind die Unterschiede und zu wenig wurde erreicht. Dies ermöglicht China, in allen anstehenden Strategien so zu agieren, wie es dem Land am besten passt. Lediglich Indien kann dem etwas entgegensetzen.
Da Chinas Staatsrat langfristig und strategisch agiert, wird China den BRICS-Club und auch den Globalen Süden für seine eigenen Zwecke durch seine Wirtschaftsdominanz im Club nutzen, und sich möglicherweise wieder umorientieren. Entweder gibt es einen Sprung, um die Kohäsionskräfte durch Intra-Handel und -Investitionen zu stärken, mehr Währungsautonomie zu erwirken, und so den Club als wirkliches Gegenmodell zum Westen aufzustellen. Oder aber BRICS wird ein polit-ökonomischer Club ohne nachhaltige Integrationsstrategie. Dieser Prozess scheint schon eingeleitet, denn die zusätzlich in den Club aufgenommenen Länder machen ihn noch heterogener. So kann er weniger Strahlkraft entwickeln und alle Mitgliedsländer hängen noch stärker vom weiteren Vorgehen Chinas ab. Mehr oder weniger BRICS – das fragen sich die chinesischen Entscheidungsträger. Diese evaluieren, ob BRICS ein globales Zukunftsmodell mit China-Dominanz sein wird, oder nur ein Durchgangsstadium für eine andere Ordnung. Denn China wird mit schwachen und absteigenden Staaten wie Russland, Brasilien, Südafrika, Äthiopien oder Iran wirtschaftlich auf mittlere Sicht nur wenig anfangen können. Außer Rohstoffkooperation und Diversifizierung seiner eigenen Wirtschaftsagenden – zu wenig für Chinas Aufstieg zur führenden globalen Wirtschaftsnation. Die gegenwärtige politische und militärische Modellkonfrontation mit dem Westen der G7 könnte durch ein anderes und viel attraktiveres Konzept abgelöst werden.
Der BRICS-Plus-Club könnte sich somit für China (und eventuell auch Indien) als weniger attraktiv erweisen als vom Globalen Süden, von Putin und schwachen BRICS-Mitgliedern angenommen. Sie verfügen lediglich über Rohstoffe, gegenwärtig noch ein wichtiges Asset im globalen Wettbewerb, aber die Musik spielt in der technologischen Entwicklung. Wer technologisch führt, d.h. digitale Technologien, Roboterisierung und künstliche Intelligenz, Energietransfer, Halbleitertechnologien, Betriebssoftware entwickelt und globale Normen und Standards zu setzen weiß, steht an der Spitze. In diesem Kampf ringen vor allem die USA, Europa, Japan, Korea und China um die Führung – nicht aber der BRICS-Club. D.h. Chinas zukünftiger Erfolg hängt mehr denn je von den Wirtschaftsbeziehungen mit dem Globalen Norden als vom Globalen Süden ab. Wirtschaftlicher Erfolg gelingt nur mit den starken Wirtschaftspartnern der G7 und nicht mit schwächelnden BRICS-Club-Ländern.
D.h. der BRICS-Club könnte zum Auslaufmodell werden.
Die heterogene Runde der BRICS-Staaten hat sich um etliche neue Mitglieder erweitert. [Foto: Palacio do Planalto, cc by-nd 2.0 | perspektiveausland.com]
Literatur:
Robert Kappel (2024), WILLKOMMEN IM CLUB. Globale wirtschaftliche Machtverschiebungen durch BRICS, in APuZ (Aus Politik und Zeitgeschichte) 49, November 2024.
Quelle: afrika süd 5-6/2024; Robert Kappel und Thomas Bonschab: BRICS-Club– bric-à-brac oder mal wieder viele Fehleinschätzungen?
7. Januar 2025 Kategorie/n: Politik 2685 mal angesehen
Namibia: Wasserstoff – Neokoloniale Ausplünderung oder sinnvolles Projekt?
Namibia: Wasserstoff – Neokoloniale Ausplünderung oder sinnvolles Projekt?
Zur Debatte um die Produktion von grünem Wasserstoff in Namibia
In der letzten Ausgabe von afrika süd (Nr. 4, 2024) wurden zwei Artikel (H. Joost, Wasserstoff aus der Wüste; B. Mabanza, Einwicklung oder Befreiung? Namibia und der grüne Wasserstoff) zur geplanten Produktion von grünem Wasserstoff in Namibia veröffentlicht.
Als langjähriger aufmerksamer Leser der Zeitschrift hat Dietrich Weinbrenner, von 1991 bis 1994 Pfarrer in der Evangelical Lutheran Church in Namibia (ELCRN), die beiden Artikel an den Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, Robert Habeck, weitergeleitet und seine Sorge ausgedrückt, „dass durch dieses Projekt die neokoloniale Ausplünderung des globalen Südens fortgesetzt wird – in Namibia besonders brisant wegen unserer Geschichte Anfang des 20. Jahrhunderts mit dem Genozid an Herero und Nama. Eine solche Politik wäre mit dem Selbstverständnis der Grünen aus meiner Sicht unvereinbar. Wie wollen Sie eine solche Entwicklung verhindern? Was entgegnen Sie auf die hier gestellten Fragen und Bedenken.“ (D. Weinbrenner, 15.9.24)
Die Antwort aus dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, gezeichnet vom „Team Bürgerdialog“, erfolgte am 20.9.24:
Zum Thema Wasserstoff aus Namibia
Die Initiative für dieses Projekt ging von Namibia aus. Der Standort ist ausschließlich von der namibischen Regierung ausgewählt worden, weil er im internationalen Vergleich herausragende Wind- und Sonnenverhältnisse hat. Namibia will diesen Vorteil nutzen, um das Land aus der Armut zu befreien.
Im Jahr 2001 hat die namibische Regierung eine öffentliche Ausschreibung für den Standort durchgeführt, an der sich mehrere international tätige Unternehmen beteiligt haben.
Die Bundesregierung begrüßt, dass das Unternehmen Hyphen, an dem die deutsche ENERTRAG beteiligt ist, von der namibischen Regierung ausgewählt wurde.
Das sogenannte Sperrgebiet war 100 Jahre lang ein Bergbaugebiet und ist es teilweise auch heute noch. Für große Teile des Gebietes existieren weiterhin Bergbaulizenzen. Vor einigen Jahren wurde es zum Nationalpark erklärt, in dem nach namibischen Recht im begrenzten Umfang wirtschaftliche Aktivitäten zulässig sind – insbesondere die Nutzung von erneuerbaren Energien.
Vor einer Genehmigung des Hyphen-Projekts muss eine sorgfältige Standortanalyse durchgeführt werden, damit insbesondere seltene Pflanzenarten nicht gefährdet werden. Die Umweltverträglichkeitsprüfung findet nach den besonders anspruchsvollen Standards der Weltbank statt. Solange diese Untersuchungen nicht abgeschlossen sind, kann es keine endgültige Aussage geben.
Der Sonderbeauftragte des Bundesministeriums für die deutsch-namibische Klima- und Energiekooperation und ehemalige Staatssekretär Rainer Barke (https://www.stiftung-klima.de/de/ueber-die-stiftung-und-ihre-partner/geschaeftsfuehrung/) hat sich bereits im Juli 2022 mit Chris Brown, dem Geschäftsführer der Namibian Chamber of Environment (NCE) in Windhoek getroffen, um dessen Einschätzung zu der Ausschreibung der namibischen Regierung kennen zu lernen. Die Kritik von NCE wird nach unserer Einschätzung weder von der namibischen Regierung noch von den Oppositionsparteien im namibischen Parlament geteilt. Sie wird auch nicht geteilt von Umweltorganisationen, die vor Ort tätig sind.
BMWK, 20.9.2924
Die Redaktion von afrika süd hat Bertchen Kohrs, Vorsitzende der NRO Earthlife Namibia, um eine Stellungnahme zu der Antwort des BMWK gebeten. Sie hatte in afrika süd Nr. 1, 2023, in ihrem Artikel „Überzogene Erwartungen“ auch die Bedenken aus Umweltkreisen erörtert.
„Nicht in Größenwahnsinn verfallen“
Gedanken zum Hyphen-Projekt von Bertchen Kohrs
Um es vorwegzunehmen, generell halte ich die Gewinnung von grünem Wasserstoff (GH2) für machbar und nachhaltig, vorausgesetzt es wird richtig gehandhabt. Bisher gibt es in der Produktion von GH2 noch keine kommerziellen Erfahrungen. Darum halte ich es für verfrüht und blauäugig, gleich in so großem Umfang in die Industrie einzusteigen. Das Cleanergy Projekt im Erongo sollte erst mal als Pilotprojekt dienen, um aus dort gemachten Fehlern Lehren ziehen zu können. Aber Namibia hat sich vorgenommen, als GH2-Hub die ganze Welt zu versorgen – der Traum unseres verstorbenen Präsidenten (Hage Geingob; d. Red.). Ich denke auch, dass versiertere Verhandlungspartner unsere noch unerfahrenen Politiker und Entscheidungsträger mühelos über den Tisch ziehen, wie es u. a. bei der Textilfirma Ramatex passierte.
Ich bin nicht gegen industrielle Entwicklung in Namibia, solange sie keine zu großen Opfer von der Umwelt und den Menschen verlangt und dem Land nicht seine einzigartige Natur nimmt. Wir müssen uns unabhängiger machen, indem wir unsere Verbrauchsgüter im Land herstellen, soweit die gegebenen Umstände es erlauben. Aber wir müssen deswegen nicht in Größenwahnsinn verfallen. Erneuerbares GH2, fossiles Öl und Gas, ReconAfrica, AKW, Baynes, Stampriet, alles auf einmal. Da sträuben sich mir die Haare.
In meiner Wahrnehmung hat das Thema Genozid in Bezug auf das Hyphen-GH2-Projekt durch die Nama erst ziemlich spät und zögernd an Bedeutung gewonnen, was gut nachvollziehbar ist. Wir alle, je nach Interessengruppe, mussten uns mit dem absolut neuen Thema GH2 erst vertraut machen, das uns so brutal und undemokratisch vor den Latz geknallt wurde. Namibias Entschluss für das GH2-Projekt und die Mitteilung wenige Tage später, dass die Wahl auf Hyphen gefallen ist, deutet auf einen langen Vorbereitungsprozess hin, der uns jegliches Mitspracherecht entzogen hat. Diese Überrumpelung hat bei vielen Menschen zunächst Verblüffung und Ablehnung hervorgerufen.
Die Antwort des BMWK auf den Brief von Herrn Weinbrenner ist zwar zuckersüß, trifft aber nicht die Meinung aller Umweltschützer:innen, der Nama und anderer Skeptiker:innen. Der letzte Satz vom BMWK ist nicht gut recherchiert. Klar, das Parlament will die Meinung der NCE (Namibian Chamber of Environment) nicht hören. Umweltorganisationen und viele andere Personen finden das Positionspaper gut, so auch wir von Earthlife. Außer der unverantwortlichen und von einem Umweltmenschen nicht zu fassenden Bemerkung, als Alternative ein AKW in Namibia zu bauen. Da redet NCE-Geschäftsführer Chris Brown den neuerdings häufiger genannten Plänen der Regierung, besonders durch Bergbauminister Tom Alwendo, nach dem Mund. Meiner Meinung nach hält sich Chris Brown alle Politiktüren offen.
Die öffentliche Kritik an dem Hyphen-Projekt nimmt in letzter Zeit mit gut fundierten Argumenten immer mehr zu. Unter anderem wird der Mangel an Transparenz scharf verurteilt. Ich habe den Eindruck, dass viele Namibier:innen ihr Vertrauen in unsere Regierung verlieren oder schon verloren haben, was sich so kurz vor den Wahlen sicher als starker Faktor gegen die Swapo-Partei entwickeln kann.
Die Swapo betont, dass das Projekt während ihrer Regierungszeit initiiert wurde, dem Land erhebliche Vorteile bringen und allen Namibiern zugutekommen wird. Laut Swapo wird GH2 die Energielandschaft Namibias verändern und zahlreiche Arbeitsplätze schaffen. Im Wahlprogramm war die Rede von Namibia als führendem Land in der Energieproduktion des Kontinents und einer Schlüsselrolle in der Produktion von grünem Wasserstoff. Im Wahlkampf wurde grüner Wasserstoff mit der Schaffung zehntausender Arbeitsplätze gleichgesetzt. Die Versprechungen grenzten an die Utopie eines GH2-Paradieses.
Wurde die Frage, wie Namibia die natürlichen Ressourcen Sonne und Wind am besten nutzen kann, um tatsächlich alle Namibier am Gewinn teilhaben zu lassen, ausreichend diskutiert? Wäre es nicht ratsamer, GH2 in Namibia einen Mehrwert zu geben, statt es für den Export zu produzieren? Der lange Transport von grünem Wasserstoff und Ammoniak ist höchst problematisch und birgt schon eine Gefahr in sich. Eine naheliegende Option wäre, energieintensive Industrien in Namibia anzusiedeln.
Immer wieder gestellte Fragen sind Korruption, Finanzierung, gut ausgebildetes Personal, die Stadt Lüderitz als Hub und Beherbergung für die vielen Arbeiterfamilien. Öl- und Gas-Exploration und sich entwickelnde Industrien erfordern weiteren Wohn- und Lebensraum. Es bestehen berechtigte Zweifel, dass die namibische Bevölkerung Nutznießer sein wird. Hat es das schon mal auf dem afrikanischen Kontinent gegeben, dass es der Bevölkerung besser geht, wenn Ressourcen ausgebeutet werden? Es passiert doch wohl eher das Gegenteil.
Das Umweltthema ist erst durch Wissenschaftler und Umweltaktivisten auf den Tisch gekommen. Earthlife hat schon in einem ganz frühen Stadium darauf hingewiesen. Auf der ersten Präsentation des Hyphen-Projekts, die eineinhalb Stunden dauerte, fiel das Wort Umweltschutz kein einziges Mal. Es hat gedauert, bis die Wichtigkeit erkannt wurde und nun mit aufgenommen wird. Ich hoffe, ich täusche mich nicht, wenn ich sage, dass Hyphen das Thema begriffen hat und guten Willens ist, den Schutz der Biodiversität so weit wie möglich in Acht zu nehmen. Sie haben einen Teil der geplanten Gebrauchsflächen schon weiter nördlich verschoben, wo es weniger Schaden anrichten wird.
Allerdings ist die Bauphase bekanntlich die Zeit der größten Umweltzerstörung. Ich schüttle immer wieder meinen Kopf, wenn ich den unendlich demokratischen und zeitaufwendigen Prozess zur Erlangung des Zutritts zum Tsau//Khaeb-(Sperrgebiet)-Nationalpark (TKP) in Relation zur Vorstellung setze, wie das zurzeit so scheinheilig geschützte Gebiet innerhalb eines einzigen Tages durch Bulldozer und andere Monstermaschinen, die den Park wild durchpflügen werden, zerstört wird. Wer glaubt daran, dass man die einzigartigen Sukkulenten schützen wird, die man zurzeit ohnehin kaum sehen kann, weil sie während der anhaltenden Dürre unter der Erde ums Überleben kämpfen? Wissenschaftler:innen sind seit langem damit beschäftigt, eine Vegetationsaufnahme im TKP zu machen. Der südliche Teil des Nationalparks ist ebenfalls für industrielle Entwicklung vorgesehen. Dort befindet sich einer der 25 weltweit erklärten biologischen Hot Spots, der dann in einen riesigen Industriepark umgewandelt wird.
Das Meeresleben ist in Gefahr durch die Entsalzungsanlagen. Es ist vorauszusehen, dass in Zukunft eine Kette von Entsalzungsanlagen entlang der Küste gebaut werden, die die Meeresbiologie stark gefährden werden. Der große Energieverlust wird meiner Meinung nach gar nicht beachtet, vielleicht nach dem Motto, was soll’s, Sonne und Wind haben wir doch im Überfluss. Man fragt sich, warum diese geschenkten Ressourcen nicht schon lange dazu genutzt wurden, dezentralisiert erneuerbare Energie im ganzen Land zu verteilen und allen Menschen bessere Lebensbedingungen zu ermöglichen.
Die Frage, wer von dem Projekt profitiert, was Namibia im Endeffekt davon hat, taucht bei jeder Diskussion auf. Viele der dringenden Fragen werden in den beiden Papers gestellt. Eine gut recherchierte Umweltverträglichkeitsstudie sollte all diese Fragen beantworten müssen. Damit wurde noch nicht einmal begonnen, sie soll zweieinhalb Jahre dauern. 2028 soll dann der erste grüne Wasserstoff produziert werden. Reine Utopie.
Ich kann nicht wirklich sagen, ob ich mir das Hyphen Projekt für Namibia wünsche oder nicht. Ich habe meine Zweifel, dass Namibia das stemmen kann. Können wir uns auf die Investoren verlassen, wenn es daneben geht? Auf dem Schlamassel werden wir sitzen bleiben.
Sonne und Energie nutzen:
Namibias Präsident Nangolo Mbumba zum Hyphen-Projekt
Deutsche Welle: Eine der Antworten auf den Klimawandel ist die Entwicklung von Projekten für grünen Wasserstoff, wie das Hyphen-Projekt, das Sie zusammen mit Deutschland in Namibia entwickeln. Was entgegnen Sie Kritikern, die behaupten, das Projekt schaffe neue Probleme, auch Umweltprobleme?
Mbumba: Wir müssen die Welt dekarbonisieren. Und wie? Indem wir die verfügbaren Energien aus Sonne und Wind nutzen. Wir haben den höchsten Anteil an Sonneneinstrahlung, weil wir ein Wüstenland sind. Wir haben Wasser, wir haben Häfen und Unternehmen. Ich habe mit dem deutschen Bundeskanzler gesprochen, der sagt, sein Land habe sich verpflichtet, eine Kombination aus Grünem Wasserstoff oder Ammoniak von uns zu kaufen.
Wir haben uns zu diesem Programm verpflichtet. Zum ersten Mal gehen unsere Ingenieure, Architekten und Techniker nach Deutschland an die Universitäten, um zu lernen, wie man diese Technologien einsetzt. Darauf sind wir stolz.
Wir sind vielen anderen Ländern voraus. Wir arbeiten nicht nur mit Deutschland, sondern mit allen zusammen, die Interesse haben. Dazu gehören Südafrika und andere afrikanischen Staaten. Auch der belgische König kam deshalb schon nach Namibia, ich wurde zum niederländischen König eingeladen, hauptsächlich wegen des Hyphen-Projekts. Wenn wir über nachhaltige Entwicklung sprechen: Wir wollen, dass der Süden und der Norden zusammenarbeiten. [Auszug aus einem Interview der Deutschen Welle mit dem namibischen Präsidenten bei der Hamburger Nachhaltigkeitskonferenz. DW, 10.10.2024]
Quelle: afrika süd 5-6/2024
pdf>>Namibia _ Wasserstoff
4. Januar 2025 Kategorie/n: Gerechtigkeit, Menschenrechte, Politik 3152 mal angesehen
Die Linke stellt ihr Wahlprogramm vor: Mietendeckel und Vier-Tage-Woche
Mietendeckel und Vier-Tage-Woche: Die Linke stellt ihr Wahlprogramm vor
Von: Quirin Hacker
Die Linkspartei stellt in ihrem Wahlprogramm vor, wie sie das Leben „bezahlbar“ machen will. Einen Schwerpunkt legt sie auf das Thema Wohnen.
BERLIN 09. Dezember 2024: Mehr soziale Gerechtigkeit für Deutschland, so lässt sich das Wahlprogramm der Linken für die Bundestagswahl am 23. Februar zusammenfassen. Die Parteivorstände Ines Schwerdtner und Jan van Aken stellten das Programm am Montagvormittag in Berlin vor. „Die Spaltung der Gesellschaft in Arm und Reich ist eines der größten Probleme unserer Zeit“, heißt es in der Vorrede. Dagegen angehen will die Linke unter anderem mit Steuersenkungen für Geringverdienende, Klimageld und gedeckelten Mieten.
Ines Schwerdtner und Jan van Aken stellen das Wahlprogramm vor, Titel: „Alle wollen regieren, wir wollen verändern.“ KAY NIETFELD/dpa
Besonders Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen würden die Inflation spüren, heißt es im Programm. Diese wolle die Partei finanziell entlasten. Dafür soll die Mehrwertsteuer auf einige Alltagsprodukte entfallen – gemeint sind Grundnahrungsmittel, Tickets für Bus und Bahn sowie Hygieneartikel. Zudem schlägt die Linke eine Preisbehörde vor, die dem Bundeswirtschaftsministerium unterstellt sein soll.
Energieversorger müssten sich künftig rechtfertigen, wenn sie die Preise für Strom oder Gas erhöhten. Ein Klimageld von 320 Euro jährlich soll erhöhte Ausgaben durch die CO2-Bepreisung ausgleichen. Für „mehr Erholung und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ setzt sich die Partei für eine Arbeitswoche von vier Tagen ein.
Pläne der Linken zur Bundestagswahl: Mieten für sechs Jahre einfrieren
Ein weiterer Schwerpunkt des Wahlprogramms liegt auf dem Thema Wohnen. Die Linke fordert einen bundesweiten Mietendeckel. An Orten mit angespanntem Mietmarkt dürften Mieten in den kommenden sechs Jahren nicht steigen, so der Vorschlag. Außerdem soll der Kündigungsschutz ausgeweitet werden. Die Modernisierungsumlage will die Linke abschaffen und überzogene Heizkostenrechnungen mit einer Strafe belegen. Zwischennutzungen sollen Leerstand verhindern, 20 Milliarden Euro in den Bau von Sozialwohnungen fließen.
Die Linken sprechen sich für eine Kindergrundsicherung und eine „solidarische Erwerbstätigenversicherung“ aus. In Letztere sollen alle Erwerbstätigen einzahlen, auch Selbstständige sowie Beamtinnen und Beamte. Zusatzrenten wie Riester sollen eingegliedert werden. So könnten die Renten steigen und gleichzeitig das reguläre Eintrittsalter auf 65 Jahre sinken, verspricht das Programm. Die Gesamtleistungen des Bürgergelds will die Linke auf 1400 Euro im Monat anheben.
Die Linke will Vermögensteuer wieder einführen: Milliardäre löhnen extra
Das dafür nötige Geld sollen Steuererhöhungen für Reiche einbringen. Die Vermögensteuer will die Partei wieder einführen; sie soll bei Privatvermögen ab einer Million Euro greifen. Für Milliardäre soll ein Sondersteuersatz von zwölf Prozent gelten.
Mit Blick auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine fordert die Linke statt weiterer Waffenlieferungen mehr Bemühungen, Russland an den Verhandlungstisch zu bringen. Der Export von Waffen aus Deutschland soll verboten werden, die Rüstungsindustrie in Zukunft zivile Produkte herstellen. „Eine gemeinsame Sicherheitsarchitektur für Europa soll die NATO mittelfristig ersetzen“, heißt es in dem Papier recht unkonkret.
Umfragen sahen die Linke zuletzt zwischen drei und vier Prozent. Die Partei hofft darauf, durch die Grundmandatsklausel wieder in den Bundestag einzuziehen. Dafür muss sie drei Direktmandate gewinnen.
pdf: Die Linke _ Mietendeckel und Vier-Tage-Woche
Quelle: Frankfurter Rundschau, 10.12.2024, Seite 6.
https://www.benkhumalo-seegelken.de/
>> Die Linke: Für Solidarität und soziale Gerechtigkeit!
11. Dezember 2024 Kategorie/n: Newsletter 6136 mal angesehen
Thuso Khumalo: „Vernunftehe oder Wunsch des Volkes?“ – Südafrikas `Regierung der nationalen Einheit´ 2024
Thuso Khumalo*:
„Vernunftehe oder Wunsch des Volkes?“
Südafrikas `Regierung der nationalen Einheit (GNU)“ 2024
Nach einmonatigen Verhandlungen ist die südafrikanische `Regierung der nationalen Einheit´ am 3. Juli 2024 vollzählig angetreten und arbeitet seitdem hart. Cyril Ramaphosa wurde erneut zum Präsidenten der Republik Südafrika gewählt.
JOHANNESBURG, 2024: Die von 11 politischen Parteien gebildete Regierung der nationalen Einheit (Government of National Unity, GNU) wird von diesen als Lösung für die dreifachen Herausforderungen Südafrikas – Armut, Arbeitslosigkeit und Ungleichheit – angesehen. Ihre Gegner sehen sie jedoch als Verrat am Kampf des Volkes gegen den Kolonialismus, weil ihr Parteien angehören, deren Gründung mit dem Apartheidregime in Verbindung steht. Der Unterschied zwischen Befürworter:innen und Gegner:innen der GNU ist so groß, dass die einen sagen, die Ikone des Weltkampfes, Nelson Mandela, lächle, wenn er die Einheit der Südafrikaner:innen in der GNU sehe, während die Gegenseite meint, er drehe sich im Grab um, wenn er sehe, wie sehr der Kampf gegen die Apartheid verraten worden sei.
Alle Minister:innen sind am 3. Juli vereidigt worden und üben nun ihr Regierungsmandat aus. Die Parlamentsabgeordneten haben derweil eine intensive Diskussion über die politische Ausrichtung des Landes für die nächsten fünf Jahre begonnen. Dies ist ein Meilenstein, wenn man bedenkt, dass die Bildung einer Regierung der nationalen Einheit (GNU) für Südafrika von vielen für unmöglich gehalten wurde.
Die GNU-Befürworter
Die GNU, der sich am Ende 11 politische Parteien angeschlossen haben, wurde gebildet, nachdem der Afrikanische Nationalkongress (ANC) des ersten Präsidenten Südafrikas und Befreiungskämpfers Nelson Mandela bei den Wahlen vom 29. Mai nur 40,18 Prozent der Stimmen erhalten hatte und damit nicht in der Lage war, allein eine Regierung zu bilden. Die Hauptakteure der GNU, der ANC und die Demokratische Allianz (DA), die 21,81 Prozent der Stimmen erhielt, haben die GNU begrüßt.
In seiner Parlamentseröffnungsrede bezeichnete Präsident Cyril Ramaphosa die GNU als eine Regierung, die den Willen der Wähler:innen widerspiegele, die keiner Partei eine eindeutige Mehrheit gegeben haben. Er rief die gesamte Nation dazu auf, sich wie (in Afrika südlich der Sahara häufig vorkommende; d. Red.) Webervögel, die in Scharen vereint stets komplizierte Strukturen aufbauen, hinter die Regierung zu stellen. Auch John Steenhuisen, Parteivorsitzender der DA, hat keine Gelegenheit ausgelassen, die GNU zu loben. Bei der Aussprache im Parlament nach der Eröffnungsrede von Ramaphosa sagte er, die GNU sei eine Chance für Südafrika, sich von der Spaltung und dem wirtschaftlichen Niedergang zu befreien.
Kleinere Parteien, die Teil des Teams sind, sehen die GNU ebenso im positiven Licht. Sportminister Gayton McKenzie, Vorsitzender der Patriotic Alliance (PA), bezeichnet sie als das Beste, was Südafrika je passiert sei. Mit insgesamt beeindruckenden 70 Prozent der Stimmen haben die GNU-Partner eine unerschütterliche Position. Doch diejenigen, die die 30 Prozent der Stimmen außerhalb der GNU halten, kämpfen mit allen Mitteln dagegen an.
GNU-Gegner reden von Ausverkauf
Die viertgrößte Partei des Landes, die Economic Freedom Fighters (EFF), steht an der Spitze derjenigen, die dem ANC vorwerfen, die Freiheit der Schwarzen zu verraten, indem er eine Koalition mit der DA eingeht. Die DA hat ihre Wurzeln in der Nationalen Partei, die für das Apartheidsystem verantwortlich war, das von den Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen als Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt wurde. In den Augen des EFF-Vorsitzenden Julius Malema ist die DA eine weiße Partei, die immer noch die weiße Vorherrschaft aufrechterhalte. Seiner Meinung nach hätte der ANC niemals mit ihr koalieren dürfen. In seiner Rede anlässlich der Feierlichkeiten zum 11. Jahrestag der Partei in Kimberly in der Nordwestprovinz bezeichnete Malema die GNU als Feind des Volkes und forderte die Massen auf, sie abzulehnen. Er wiederholte dort die Position seiner Partei, nach der der ANC Ausverkauf betreibe. Warum, fragte er, habe der ANC sich für die DA entschieden, anstatt die GNU mit den, wie er es nannte, progressiven schwarzen Parteien zu bilden. Malema forderte seine Anhänger auf, sich der GNU so lange zu widersetzen, bis sie zusammenbricht, um Platz für die Bildung einer Regierung aus progressiven Parteien zu schaffen.
Der ehemalige Präsident Jacob Zuma, dessen neue Partei uMkhonto weSizwe (MK) weitgehend für das schlechte Abschneiden des ANC bei den Wahlen verantwortlich war, wütet ebenfalls gegen die GNU. Die MK, die fünf Monate nach ihrer Gründung zu den Wahlen antrat, erhielt landesweit 14,58 Prozent der Stimmen und wurde drittstärkste Partei. Die Mehrheit ihrer Anhänger:innen hat sich vom ANC losgesagt, als Zuma das Schiff verließ und dem ANC vorwarf, die Massen im Stich zu lassen.
Die MK beschuldigt den ANC, die Wahlen mit Hilfe der Unabhängigen Wahlkommission (IEC) manipuliert zu haben, obwohl sie ihre rechtliche Anfechtung der Wahlergebnisse aufgegeben hat, ohne Beweise für die angebliche Wahlmanipulation zu liefern. „Die MK lehnt die GNU kategorisch ab“, erklärte der MK-Chef. Auf einer Pressekonferenz in Johannesburg, auf der er ankündigte, dass seine MK-Abgeordneten sich der EFF und anderen progressiven Kräften im Parlament anschließen werden, bezeichnete Zuma die GNU als Schwachsinn und eine von den Weißen geführte unheilige Allianz zwischen der DA und dem ANC. Zuma sagte, der ANC habe durch das Eingehen einer Koalition mit der DA alle Errungenschaften der Unabhängigkeit verraten. Tatsächlich gibt es nach Meinung der MK keine Regierung der nationalen Einheit, sondern eine Ausverkaufskoalition zwischen der DA und dem ANC, die hauptsächlich dem Großkapital und den Märkten zugute komme, nicht aber dem südafrikanischen Volk.
Die Regierung der Nationalen Einheit
Südafrikas Regierung der Nationalen Einheit besteht aus 11 der 18 im Parlament vertretenen Parteien: Der ANC (African National Congress (159 Sitze), die Democratic Alliance (DA, 87 Sitze), die Inkatha Freedom Party (IFP, 17 Sitze), die Patriotic Alliance (PA, 9 Sitze) und die Partei GOOD (1 Sitz) hatten bis zum 17. Juni ihre Teilnahme zugesagt. In den folgenden Tagen schlossen sich der Pan Africanist Congress of Azania (PAC, 1 Sitz), die Vryheidsfront Plus (VF+, 6 Sitze), die United Democratic Movement (UDM, 3 Sitze), Rise Mzansi (2 Sitze), Al Jama-ah (2 Sitze) und am Ende auch die United Africans Transformation (UAT, 1 Sitz) an.
Mit 32 Minister:innen hat Südafrika eines der größten Kabinette weltweit. Die Ministerien sind unter 6 der GNU-Parteien aufgeteilt. Der ANC hat alleine 20 Ministerien für sich beansprucht und hält wichtige Schlüsselministerien wie Verteidigung, Außenpolitik, Arbeit, Finanzen, Gesundheit, Hochschulbildung, Energie, Handel und Industrie, Transport oder Ressourcen. Als Polizeiminister hat Senzo Mchunu den umstrittenen Bheki Cele abgelöst, der in kein anderes Ministerium versetzt wurde.
Neben Präsident Cyril Ramaphosa ist auch sein Vize vom ANC. Den Posten, auf den der DA-Fraktionsvorsitzende John Steenhuisen ursprünglich spekulierte, bekam Paul Mashatile. Steenhuisen erhielt dafür das Landwirtschaftsministerium, wegen des für Südafrika wichtigen Agrarsektors auch ein Schlüsselressort. Von den anfänglich geforderten 11 Ministerien erhielt die DA am Ende nur 6, neben Landwirtschaft das Innenministerium, Grundbildung, Kommunikation und IT, Umwelt sowie öffentliche Arbeiten und Infrastruktur.
Wegen der Bedeutung der Landfrage wurde der Bereich „Landreform und ländliche Entwicklung“ als eigenständiges Ministerium aus dem Landwirtschaftsministerium ausgegliedert. Den Posten bekam Mzwanele Nyhontso vom PAC. Als früherer Rivale des ANC im Kampf gegen Apartheid fordert der PAC, das Land zu „dekolonisieren und an seine ursprünglichen Eigentümer zurückzugeben“. Auf das Kompetenzgerangel mit der DA darf man gespannt sein.
Zwei Ministerien gingen an die IFP (Regierungszusammenarbeit und Traditionelle Angelegenheit sowie Öffentlicher Dienst und Verwaltung), je eines an die FF+ (Strafvollzug), GOOD (Tourismus) und die PA (Sport, Kunst und Kultur).
Um alle Bedürfnisse der unterschiedlichen Parteien zu berücksichtigen, ist die Anzahl der Stellvertreterposten noch aufgeblähter: 5 Parteien teilen sich die 43 Vizeministerien. Darunter Ganief Hendricks von Al Jama-ah, der stellvertretender Minister für soziale Entwicklung ist, oder Bantu Holomisa (UDM) als einer von zwei Stellvertretern für Verteidigung und Veteranen.
Der Frauenanteil im Kabinett liegt mit 14 Ministerinnen bei 44 Prozent, bei den Stellvertreter:innen sind es mit 17 Frauen knapp 40 Prozent.
Auch Vorbehalte von ANC-Bündnispartnern
Überraschenderweise akzeptieren sogar die eigenen Bündnispartner des ANC die GNU in ihrer derzeitigen Zusammensetzung nicht. Seit der Unabhängigkeit im Jahr 1994 hat der ANC gemeinsam mit der Südafrikanischen Kommunistischen Partei (SACP) und dem Kongress der Südafrikanischen Gewerkschaften (Cosatu) abgestimmt und regiert. Beide haben die GNU abgelehnt, obwohl sie mit ihren Mitgliedern im Parlament und im Kabinett weiterhin an ihr beteiligt sind. Auf einer Pressekonferenz nach der Bekanntgabe des GNU-Kabinetts erklärte die Gewerkschaft, dass sie die Entscheidung des ANC zwar respektiere, aber die Wirtschaftspolitik der DA weiterhin ablehne, da diese einen Rückschritt bei den Arbeitnehmerrechten und eine Umkehrung der Transformation bedeute.
Die SACP hat ebenfalls keinen Hehl aus ihrer Opposition gegen die GNU unter Beteiligung der DA gemacht. SACP-Generalsekretär Solly Mapaila kritisierte den ANC scharf für die Aufnahme der DA in die GNU. Bei der kürzlich in der Metropole Ekurhuleni abgehaltenen nationalen politischen Schule der Gewerkschaft National Education, Health and Allied Workers‘ Union, die in Anwesenheit von ANC-Generalsekretär Fikile Mbalula stattfand, sagte Mapaila, seine Partei wolle die GNU wegen der Anwesenheit der DA nicht. Diese sei Teil der neoliberalen Kräfte. Er machte deutlich, dass es die SACP lieber gesehen hätte, wenn der ANC eine GNU mit der EFF, MK und anderen schwarzen Parteien eingegangen wäre, egal wie problematisch das gewesen wäre.
Südafrikas Bevölkerung ist in dieser Frage ebenso gespalten wie die politischen Parteien. Ein großer Teil glaubt, dass die DA nur den Interessen der Weißen dient und die Armut der Schwarzen noch weiter vergrößert. Andere wiederum sind begeistert von der Einbeziehung der DA in die GNU, da die Partei ihre Fähigkeiten in der öffentlichen Verwaltung einbringen und gleichzeitig der Korruptionskultur Einhalt gebieten werde, die im Laufe der Jahre fast alle staatlichen Unternehmen in den Ruin getrieben hat. Die DA, die traditionell die Westkap-Provinz gewonnen hat, führt dort eine Provinzregierung an, deren Effizienz und Nulltoleranz gegenüber Korruption landesweit Nachahmer gefunden hat. Kritiker:innen der DA verweisen jedoch beharrlich darauf, dass die von Schwarzen und „Coloureds“ dominierten Gebiete in der Provinz weiterhin abgehängt werden. Diese Darstellung hat die Position derjenigen gestärkt, die die DA als rassistisch und gegen Schwarze gerichtet betrachten.
Rassismus ist noch ein Thema
Die Zeit nach den Wahlen hat deutlich gezeigt, dass Rassismus 30 Jahre nach dem Ende der Apartheid immer noch ein großes Thema ist, das das Land spaltet. Denn die Gegner der GNU haben ausdrücklich und offen erklärt, dass sie die DA und die Freedom Front Plus (FF Plus) nicht wollen, da beide als von Weißen dominiert gelten und ihren Ursprung in den Reihen derer haben, die die Apartheid aufgebaut und umgesetzt haben. Für diese Gruppe hat sich die DA nicht genug verändert, um als von der Nationalen Partei, dem Architekten der Apartheid, getrennt und verschieden angesehen zu werden.
Einige derzeitige Mitglieder der DA haben sich auch nicht so verhalten, als dass die Partei das Stigma der Apartheid abschütteln könnte. Der DA-Abgeordnete Renaldo Gouws musste wegen rassistischer und homophober Videos, die er vor 15 Jahren aufgenommen hatte und die kürzlich wieder aufgetaucht sind, suspendiert werden. In den Videos ruft er zur Tötung von Schwarzen auf, indem er sie mit abwertenden Begriffen belegt, die die Kolonialisten während der Apartheid verwendet hatten. Die DA wies die Rassismusvorwürfe mit der Begründung zurück, die Suspendierung von Gouws sei bereits ein klares Zeichen dafür, dass die Partei keinerlei Form von Rassismus dulde.
Mncedisi Siswana, ein ehemaliger Gefangener auf Robben Island, der zusammen mit Nelson Mandela in dem Isolationsgefängnis inhaftiert war, weil er sich der Apartheid widersetzte, ist jedoch fest davon überzeugt, dass der Rassismus immer noch lebendig ist. Siswana erinnert daran, dass 30 Jahre nach dem Ende der Apartheid immer noch diejenigen, die von ihr profitiert haben, und ihre Nachkommen bis zu 80 Prozent der Wirtschaft kontrollieren, während die Mehrheit der Schwarzen weiterhin in Armut lebt. Andere werfen die Frage der Ungleichheit jedoch auf den ANC zurück. Sie sind der Meinung, die Partei habe 30 Jahre Zeit gehabt, die wirtschaftliche Ungleichheit der Vergangenheit zu beseitigen, habe dabei aber versagt. Viele machen die Korruption dafür verantwortlich und sagen, der ANC habe auf Kosten der Massen schwarze Eliten hervorgebracht.
Wir die GNU fünf Jahre überdauern?
Die 2018 eingesetzte Kommission, die untersuchen sollte, wie Unternehmen, Politiker:innen und Staatsbedienstete zusammengearbeitet haben, um den Entscheidungsprozess des Landes zu ihrem persönlichen Vorteil zu beeinflussen, stellte fest, dass es in jeder Phase der öffentlichen Beschaffung systematische Missbrauchsmuster gab. Laut einer 2021 veröffentlichten Studie der Organisation Unite 4 Mzansi hat Südafrika allein zwischen 2014 und 2019 fast 76 Mrd. Euro durch Korruption innerhalb der staatlichen Institutionen verloren. ANC-Minister:innen und einige hochrangige Parteifunktionäre standen im Zentrum dieser korrupten Aktivitäten, die eine große Zahl staatlicher Unternehmen fast zum Zusammenbruch gebracht haben. Der ANC hat dieses Problem in einem Maße zugegeben, dass Präsident Ramaphosa die Partei als Beschuldigte Nummer 1 in Sachen Korruption bezeichnet hat.
All die Komplikationen, die Dynamik, die Ressentiments, die Euphorie und der Hass im Zusammenhang mit der südafrikanischen GNU haben Zweifel an der Frage aufkommen lassen, ob die GNU die gesamten fünf Jahre der Legislaturperiode überstehen wird. Es gibt Stimmen, die sagen, die politischen Differenzen zwischen ANC und DA würden die GNU innerhalb der nächsten zwei Jahre zusammenbrechen lassen. Die beiden führenden Parteien in der GNU haben erhebliche Differenzen bei Fragen von nationaler Krankenversicherung, der breit angelegten Black Economic Empowerment, der Bildung, der Privatisierung staatlicher Unternehmen und der Außenpolitik.
Die Parteien, die außerhalb der GNU geblieben sind und einen Progressive Caucus mit insgesamt 102 der 400 Parlamentssitze gebildet haben, sagen einen baldigen Zusammenbruch der GNU voraus. Der EFF-Führer Julius Malema gab ihr allenfalls ein Jahr Amtszeit. Diese Ansicht wird auch von anderen führenden Vertreter:innen des Progressive Caucus geteilt.
Unterdessen sehen manche Expert:innen die GNU als Südafrikas größte Chance auf Erfolg. William Gumede ist außerordentlicher Professor an der School of Governance an der Universität von Witwatersrand in Johannesburg. Bei einem Treffen kleiner und mittlerer Unternehmen im Country Club in Bryanston, Johannesburg, sagte Gumede, die Koalition sei eine Chance, die Effizienz zu steigern und die Rechenschaftspflicht der Regierung zu erhöhen.
Laut Gumede wird das Überleben der GNU jedoch von ihrer Fähigkeit abhängen, die dreifachen Herausforderungen Südafrikas – Armut, Arbeitslosigkeit und Ungleichheit – zu lösen. Die Arbeitslosigkeit liegt derzeit bei 32,9 Prozent, wobei die Jugend den größten Anteil an den Arbeitslosen stellt. Auch die Armut ist mit über 16 Millionen Menschen, die von Sozialhilfe leben, immer noch ein großes Problem.
Doch wenn man den Versprechungen von Präsident Cyril Ramaphosa in seiner jüngsten Rede zur Parlamentseröffnung Glauben schenken darf, sind die GNU-Parteien entschlossen, die fünf Jahre zu überstehen. Er hat ein integratives Wachstum, die Schaffung von Arbeitsplätzen, den Ausbau von Berufsbildungseinrichtungen, Verbesserungen im Gesundheitssektor, die Senkung der Lebenshaltungskosten, ein Ende von Korruption und Kriminalität sowie eine effiziente Erbringung von Dienstleistungen in allen Regierungsbereichen versprochen.
Vor allem hat er geschworen, die GNU zum Funktionieren zu bringen. „Wir müssen dafür sorgen, dass die Regierung der nationalen Einheit funktioniert und erfolgreich ist“, sagte Ramaphosa den Abgeordneten. Er wiederholte auch die Botschaft, die er von seinen GNU-Partnern erhalten hatte: „Herr Präsident, wir wollen, dass diese GNU funktioniert, und wir werden dafür sorgen, dass sie funktioniert.“
*Thuso Khumalo, freiberuflicher Journalist in Johannesburg, berichtet über das gesamte südliche Afrika u. a. für die Deutsche Welle, The Voice of America News und das ARD German Radio. [Aus dem Englischen übersetzt]
Quelle: afrika süd 4/2024, Seite 8-11; [Hervorhebungen: Ben Khumalo-Seegelken]
>> pdf: Thuso Khumalo: „Vernunftehe oder Wunsch des Volkes?“
13. September 2024 Kategorie/n: Allgemein, Frieden, Gerechtigkeit, Menschenrechte, Politik, Südafrika aktuell 12208 mal angesehen
weiterhin gutes Gelingen! – 27. April 2024: 30 Jahre Demokratie in Südafrika!
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Die Menschen Südafrikas sind am 27. April 1994 an die Wahlurne gegangen – erstmals alle miteinander, gleichberechtigt. Kolonialismus und Apartheid sollten hinfort für immer überwunden worden sein.
Der inzwischen ja nicht mehr so junge Rechtsstaat Südafrika gedeiht und ringt – wie jedes Land auch – im Alltag mit den Herausforderungen und Zumutungen aktueller und andauernder Krisen und wird erfreulicherweise zusehends geradezu zur anspornenden und zukunftsweisenden Gesellschaft ansteckendender Zuversicht und einer vorbildhaften Gemeinschaft der Verschiedenen in einer von erschütterndem Hass, unverhohlener Menschenfeindlichkeit und Kriegen gezeichneten Welt.
Den Menschen Südafrikas ist zu wünschen, dass der 1994 eingeschlagene Weg weiterhin gangbar bleibt und in eine Zukunft dauerhafter Freiheit aller miteinander – weit über die Grenzen Südafrikas hinweg – führt!
„Nkosi, sikelel‘ i-Afrika!“ | „Gott, segne Afrika!“
Ben Khumalo-Seegelken
>>Phambili! – 27.04.2024
16. April 2023 Kategorie/n: Frieden, Gerechtigkeit, Menschenrechte, Newsletter, Politik, Südafrika aktuell 20401 mal angesehen
iziThombe zethu | unser Fotoalbum
eKhaya KwaBhanya [1941-1963]
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>>eKhaya KwaMachanca _ 1997-2017
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>>Snezana KHUMALO_08.08.2021
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11. August 2021 Kategorie/n: Persönlich & daheim 54491 mal angesehen