Beitrag zum Meinungsaustausch über eine angemahnte Namensänderung
Nicht wenige unter uns gehen schon immer mit gutem Beispiel voran, Ausdrücke und Redensarten in unserem Alltag, von denen wir erfahren, dass sie von anderen Menschen als herabsetzend und beleidigend empfunden werden, zu überdenken und mit neuen zu ersetzen, die wir für angemessener und vertretbarer halten.
Von Kindesbeinen an ist bei uns beispielsweise von „Schwarzen“ und „Schokoküssen“ die Rede, wo früher (und leider sonst immer noch) abfällige Fremdbezeichnungen wie „Neger“ und „Mohrenköpfe“ gebräuchlich waren (und sind).
Ich meine im aktuellen Meinungsaustausch daher: Natürlich soll auch bei uns in Deutschland jede Straße oder jedes Gebäude grundsätzlich jederzeit umbenannt werden können, wenn dies erforderlich erscheint.
Nicht wenige unter uns gehen auch in dieser Frage mit gutem Beispiel voran und sammeln Alternativvorschläge [etwa zu „Mohrstraße“, „Mohren-Apotheke“]*, damit auch bei uns bald keine Straße und kein Gebäude mehr wider besseres Wissen einen Namen führt, der Gefühle verletzt und/oder die Menschenwürde angreift.
Ben Khumalo-Seegelken, Oldenburg.
*Aus „Mohrstraße“ könnte beispielsweise „Alfred Mohr Straße“ [Vor- und Nachname] werden, um deutlicher zum Ausdruck zu bringen, dass eine bestimmte Person hinter der Namensgebung steht und um eventuelle anderslautende Vermutungen einfach auszuschließen.
>> Nicht wenige unter uns …[FR 02.02.2018]
[Erwiderung auf „Nicht übertreiben!“ zum Thema „Mohren-Apotheken“, Leserforum vom 12.02.2018, Frankfurter Rundschau, frblog.de/mohr]
Nein, dem Leserbriefschreiber Mohr möchte ich nicht den Vorwurf machen, ein Rassist zu sein. Aber sein Brief ist ein Beispiel für das Verharmlosen eines mit biederem Antlitz daherkommenden Alltagsrassismus, der heute scheinbar wieder nostalgisch verklärt wird.
Warum ist es so schwer zu akzeptieren, dass die Begriffe „Neger“ und „Mohr“ von Menschen mit dunkler Hautfarbe als Ausdruck einer rassistischen Diskriminierung angesehen werden und sie deshalb nicht mehr in unsere Sprachgewohnheiten gehören sollten? Als älterer Mensch kann ich mich noch gut an die „harmlosen“ Bilderwitze der 50er und 60er Jahre erinnern, die sich über die angebliche Dummheit und Primitivität von Menschen, die als böse Karikatur von Afrikanern gezeichnet wurden, lustig machten. Nachdem „Judenwitze“ in der Adenauerzeit tabu waren, konnte sich der noch vorhandene Rassismus auf diese Weise im postkolonialen Gewand äußern. In den Kindergottesdiensten, die ich besuchte, stand vorn der damals so genannte „Missionsneger“, ein kniender, weiß gekleideter (zum Christentum gekehrter!) Afrikaner mit gefalteten Händen, dessen Kopf durch einen Mechanismus dankbar nickte, wenn man in einen Schlitz einen Groschen einwarf.
Man muss sich vorstellen, welch arrogante Vorstellung von Afrikanern dieses kolonialistische Relikt in Kinderhirne einbrannte. Nein, das war keine harmlose Figur, an die sich der Leserbriefschreiber offensichtlich gern erinnert, und ist keineswegs eine Übertreibung, dass solche Darstellungen wie auch der niedliche „Sarotti-Mohr“ mit der Vorstellung universell geltender Menschenrechte nicht zu vereinbaren sind.
Gerade in Zeiten, in denen Rassisten glauben, ihre kruden Ideen wieder öffentlich äußern zu können, sollten wir dem nicht durch solche Verharmlosungen Vorschub leisten.
Hans-Hermann Büchsel, Heidelberg.
[Zu: „Gestatten, Mohr!“; FR-Panorama vom 24.02.2018]
Wieder mal wird eine Debatte zum Thema Rassismus ins Lächerliche gezogen. Wenn Wissenschaftlerinnen, die sich mit dem Thema auseinandersetzen, die Kompetenz abgesprochen wird, wenn Rassismuskritik als Ersatzhandlung abgetan wird, wenn Betroffenen das Recht auf Betroffenheit streitig gemacht wird und vor allem wenn vom eigentlichen Thema abgelenkt wird – dass irgendjemand seinen Nachnamen ändern soll, steht und stand einfach nicht zur Debatte -, dann ist es kein Beitrag für einen „herrschaftsfreien Diskurs“, sondern Sabotage desselben. Ein sinnvoller Beitrag sollte nicht auf dem Niveau erfolgen: Das war zu meiner Zeit anders, ich war oft auf Demos, gehe zum Italiener und kenne jemanden, der sich nicht gestört fühlt. Wenn der Autor haarscharf an der Argumentation der linken Meinungsdiktatur entlang schliddert, ließe sich für mich seine Frage, „Bin ich jetzt reaktionär?“, leicht beantworten, aber um ihn geht es nicht. Da liegt das Problem der nicht Betroffenen, die gerne betroffen wären: Anstatt sich weiter zu entwickeln, geht einem großen Teil der ehemaligen intellektuellen Elite der Arsch auf Grundeis, weil er die Deutungshoheit über moralische Fragen verliert.
Ullas Ersoy, Frankfurt